Ärzte im Schafspelz. Die Freiburger Sportmedizin » Dopingarrangements im Spitzensport III

Dopingarrangements_03b.jpgMan kann sich sehr in Menschen täuschen. Dazu müssen zumeist die Naivität des Getäuschten und die Täuschungsabsicht des Täters zusammenkommen. Anders liegt die Sache im Fall von Rudolf Scharping. Wer hätte noch daran geglaubt, den über unfreiwillig-peinliche Poolphotos gestolperten Verteidigungsminister a.D. einmal derart impulsiv und lebendig zu erleben? Bei einer Pressekonferenz am Dienstagabend (29.5.2007) geriet der früher wegen seiner Behäbigkeit belächelte Scharping für seine Verhältnisse geradezu in Rage: „Jetzt muß aber mal Schluß sein!“, rief er empört, als ihm die Fragen der anwesenden Journalisten zu lästig und vor allem zu kritisch wurden.

In seiner Eigenschaft als Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer stellte sich der bekennende Radsportfan Scharping schützend vor den Radprofi und Sprecher der internationalen Fahrervereinigung Jens Voigt, dem die versammelte Schar der Pressevertreter allzu neugierig auf den Leib rückte. Voigt beklagte: „Ich komme mir vor wie auf dem Schlachtfeld, von allen Seiten wird auf mich geschossen“ und sofort sprang Scharping ihm bei und verkündete, daß er keinen weiteren „Seelen-Striptease“ wünsche. Und wieder wurde deutlich, daß Scharping sich als Chef-Lobbyist keineswegs so vorbehaltlos dem Kampf gegen das Doping verschrieben hat, wie er die letzten Tage gerne in alle verfügbaren Mikrofone nuschelt; der partiell geständige Erik Zabel, der bezeichnenderweise genau solche Epo-Vergehen beichtete, die bereits verjährt und für seine weitere Karriere irrelevant sind, bekam von Scharping umgehend Schützenhilfe.

Anstatt erkennen zu lassen, daß sich Dopingsünder wie Zabel kaum als Vorbild für eine saubere Zukunft bundesdeutschen Radsports eignen, solidarisierte sich Scharping gestern demonstrativ mit ihm und gab zu Protokoll: „Es ist ein schönes Signal, dass ein so erfolgreicher und sympathischer Sportler nicht platt gemacht wird.“ Sehr bedauerlich, daß Scharping hier nicht zu differenzieren in der Lage ist: denn es geht keineswegs darum, den „Menschen“ Erik Zabel „platt zu machen“ – aber ihm weiterhin auf dem Fahrradsattel zuzujubeln, als sei nichts gewesen, ist der vollkommen falsche Ansatz. Auf diese Weise wird die behauptete Abkehr vom Dopingsystem kaum glaubwürdiger.1

Klar wurde: im meist leutseligen Pfälzer Scharping, der heute den Deutschen Radsport zuvorderst repräsentiert, steckt also zuweilen ein kämpferischer Zeitgenosse,der sich energisch zu verteidigen weiß. Man sollte sich in ihm also nicht täuschen.

Heuchelei der Funktionäre und die Lebenslügen des (west-)deutschen Sportsystems

Von Enttäuschungen und der Inkohärenz zwischen öffentlich wahrgenommener und tatsächlich ausgeübter Funktion handelt auch dieser dritte Artikel der kleinen Wissenswerkstatt-Serie über „Dopingarrangements im Spitzensport“. Denn die Welle der geläuterten Dopingsünder, die letzte Woche über die Republik schwappte, hatte auch diejenigen Akteure erfaßt, deren Wirken seltsamerweise lange Zeit kaum diskutiert wurde. Die Rede ist von der Rolle, die die betreuenden Ärzte der ehrgeizigen Spitzensportler spielen. Darf man so naiv sein und sich von der blütenweißen Reinheit bundesdeutscher Ärztekittel derart blenden lassen, daß man die skrupellosen Mediziner allenfalls im ehemaligen Ostblock oder im südeuropäischen Ausland vermutet?

In diesen Tagen wird endlich sichtbar: die westdeutsche Sportöffentlichkeit hatte sich jahrzehntelang sehr effektiv selbst darüber hinweggetäuscht, mit welchen illegitimen Praktiken auch hierzulande den glänzenden Medaillen nachgejagt wurde. Doping, so ließe sich die scheinheilige Weltsicht auf den Punkt bringen, war quasi per definitionem das, was die anderen machten. Bis heute zählen diejenigen, die auf die bundesdeutschen Dopingsünden hinweisen, zumindest im Kreise der bräsigen Sportfunktionärskaste, als Nestbeschmutzer.

Kritiker, wie etwa den unbequemen Heidelberger Molekularbiologen Werner Franke,2 fürchten nicht wenige Angehörige der hiesigen Sportelite wie der Teufel das Weihwasser. Aber welche flankierenden, betreuenden Dienste verrichten die Ärzteteams in den Mannschaften des lukrativen Profisports tatsächlich? Ist es glaubwürdig, daß Herr Müller-Wohlfahrt die millionenteuren Superstars, wenn sie humpelnd vom Platz gehen, allein mit Arnicasalben und Vitaminpräparaten wieder einsatzfähig macht?

Was man in den letzten Tagen zumindest lernen konnte: die für Dopingvergehen (mit-)verantwortlichen Ärzte hören nicht nur auf beruhigend fremdländische Namen wie beispielsweise Eufemiano Fuentes.3 Im Gegenteil: es sind – gerade in Sportkreisen wohlklingende – Namen wie Heinrich, Schmid oder Huber. Und sie stehen oder standen interessanterweise alle in Diensten der Freiburger Universitätsklinik für Sportmedizin. Kann das ein Zufall sein?

Ich selbst hatte vor einer Woche angekündigt, die lange Tradition der Sportärzte aus dem Breisgau auf dem Feld der pharmazeutischen Leistungsmanipulation etwas detaillierter darzustellen. Inzwischen sind einige Namen und Fälle der Vergangenheit, die auch mir bekannt sind, bereits von Journalisten anderer Medien genannt worden.4 Die leitenden Ärzte Andreas Schmid und Lothar Heinrich wurden von der Universität Freiburg suspendiert und wenige Tage später die Betreuung aller Sportler durch das Ärzteteam bis auf weiteres untersagt. Eine Untersuchungskommission der DFG soll die Aktivitäten der vergangenen 20 Jahre unter die Lupe nehmen und nach dem Geständnis von Olympia-Arzt Georg Huber hat nun auch der Deutsche Olympische Sportbund die Zusammenarbeit mit den Freiburger Medizinern aufgekündigt.5

Vor der eigenen Haustür kehren: Der dopinginfizierte Wettbewerb zweier Sportsysteme

Und noch eine weitere lehrreiche Erkenntnis darf man aus den Entwicklungen der vergangenen Tage mitnehmen: gezieltes Doping unter ärztlicher Anleitung war niemals ein spezifisches Problem des DDR-Sports. Sicherlich, mit dem Staatsplan 14.25, der 1974 vom SED-Zentralkommitee beschlossen wurde, wurde im Osten der Republik ein umfassendes Dopingsystem installiert;6 im Westen freilich gab es ebenfalls energische Bemühungen, das Wissen um medizinische Leistungsmanipulation zu erweitern und anzuwenden. Das Ziel, nämlich möglichst erfolgreiche Sportler zu internationalen Wettkämpfen zu schicken, war dasselbe. Und die Unterschiede in der Vorgehensweise waren keineswegs so groß, wie Politiker und Sportfunktionäre der alten Bundesrepublik gerne Glauben machen wollten.

Einer der ganz wenigen Sportfunktionäre, die die Dopingproblematik offen ansprachen, war Prof. Helmut Digel, der den Leichtathletikverband in den 90er Jahren anführte; auf die Sportsysteme der beiden deutschen Länder angesprochen, antwortete er zutreffend: „In der DDR wurde systematisch und menschenverachtend gedopt, in der Bundesrepublik nur menschenverachtend.“

Nun aber, im Mai 2007, wird endlich sichtbar, was Insider längst wußten und auch die verantwortlichen Funktionäre in den Sportverbänden längst hätten wissen können, wenn sie nur gewollt hätten: im Schutz des Instituts für Sportmedizin in Freiburg hatte sich seit den 70er Jahren ein Milieu etabliert, das den Einsatz von Dopingmitteln nicht nur wissenschaftlich analysierte, sondern auch praktizierte. Und so kann man sich der Frage, die Klaus Hoeltzenbein in der Süddeutschen Zeitung stellt, nur anschließen: „War Freiburg die Antwort des Westens auf Leipzig?“7

Eine andere Frage ist freilich, wieso in den nun angekündigten Ermittlungen ausgerechnet der Zeitraum der letzten 20 Jahre interessiert. Markiert hier der tragische Tod der Siebenkämpferin Birgit Dressel den vermeintlichen Sündenfall eines bis dahin untadeligen Instituts? Reichen die Verfehlungen oder Auffälligkeiten nicht mindestens bis in die 70er Jahre zurück?

Graue Eminenzen – Wie Freiburg zum Mekka der Sportmedizin wurde

Was heute die in Ungnade gefallenen Spitzenmediziner Heinrich, Schmid und Huber sind, waren in früheren Tagen die Sportärzte Joseph Keul und Armin Klümper. Mit diesen beiden Namen verbinden sich Aufstieg und Fall der Freiburger Sportmedizin. Keul und Klümper stehen für außergewöhnliche (sport-)medizinische Expertise und gleichzeitig für ethische Indifferenz.

Erstaunlich ist freilich nur, wie sie trotz des Wissens um ihre Verstrickungen in mysteriöse Dopingfälle das Image der honorig-untadeligen Ärzte aus dem Schwarzwald weitgehend aufrecht erhalten konnten. Zu fragen wäre auch, inwieweit hier ein (Schweige-)Kartell zwischen bundesdeutschen Sportfunktionären, Sportmedizinern und bestimmten Teilen des Sportjournalismus bestand. Denn, soviel ist auch klar: während sich einige Journalisten seit vielen Jahrzehnten darum bemühen, auch die Schattenseiten des (ökonomischen) Sportsystems zu beleuchten,8 erschöpft sich die Tätigkeit der Mehrzahl der Sportredakteure in gefälliger Hofberichterstattung.9

Auf den üblichen Sportseiten findet sich eine unkritische Melange einer Blut-, Schweiß- und Tränenkolportage, die Helden feiert und Emotionen schürt. Deren Lieblinge sind Sportler wie Jan Ullrich oder Franziska van Almsick, die der Nation Siege bescheren und über deren Gewichtsprobleme oder Liebesaffären sich auch jenseits des Sportgeschehens trefflich lästern läßt. Solange ein Olympiaheld oder eine Olympiaheldin noch im strahlenden Schein der Medaillen lächelt, sind kritische Überlegungen, wie es zu den oftmals beachtlichen Leistungssprüngen kommen konnte, für den Sportjournalismus des Boulevards tabu.

Joseph Keul – Der freundliche Herr im Hintergrund

Aber zurück zu den Doyens der deutschen Sportmedizin. Wer sich an nervenaufreibende Davis-Cup-Matches der 80er Jahre erinnert, daran wie die Tennishelden Stich, Jehlen, Kühnen und vor allem das Wunderkind Boris Becker die gegnerischen Mannschaften bezwangen, wird sich möglicherweise auch an einige Gesichter erinnern, die stets direkt hinter der Trainerbank zu sehen waren. Ja, gewiß, Roberto Blanco war auch damals schon festes Inventar dieser Szene. Die Rede ist aber auch nicht von Frau Stich-Stockmann, der Möchtegernschauspielerin mit blonder Löwenmähne. Die Rede ist vielmehr von Prof. Dr. Joseph Keul, der stets milde lächelnd das Treiben auf dem Tennisplatz beobachtete.

Joseph Keul war seit den 70er Jahren Leiter der sportmedizinischen Abteilung an der Freiburger Universitätsklinik und später auch Vorsitzender des deutschen Sportärztebunds. Und von Keul wußte man, daß sein Betreuungsangebot an Spitzensportler über die Leistungsdiagnostik und medizinische Akutbehandlung weit hinausreichte. „Freiburg war bekannt dafür, das komplette Spektrum anzubieten“,10 so die Aussage eines Insiders. Und das „komplette Spektrum“ beinhaltete zweifelsfrei auch die Anabolikagabe.

Allerdings war Keul auch ein Meister der Verschleierung – und dies vermutlich nicht nur in dem Sinne, nachweisbare Spuren von Dopingsubstanzen im Blut des Athleten zu maskieren. Schriftliche Aufzeichnungen über die Behandlung von Spitzenathleten liegen so gut wie nicht vor und als vor acht Jahren der Spiegel eine Enthüllungsgeschichte über Keuls dunkle Praktiken veröffentlichte, ging er dagegen zusammen mit Jan Ullrich, der darin auch belastet wurde, mit aller juristischen Vehemenz vor. In der Folge knickten die wertvollsten Zeugen des Spiegel ein und zogen ihre Aussage zurück, die Sache ging aus wie das Hornberger Schießen.

Freilich war Keul selbst noch in den siebziger Jahren mit Äußerungen hervorgetreten, wonach erstens die Verabreichung von Anabolika keine gesundheitlichen Schäden erwarten lasse und zweitens leistungssteigernde Präparate den Spitzensportlern nicht vorenthalten werden sollten. Zuweilen verkündete Keul auch, daß unter seiner Anleitung jeder mittelmäßige Gewichtheber zu einem Topathleten werden könne. In der Zeitschrift „Medizinische Klinik“ veröffentlichte Keul zusammen mit seinem ebenfalls höchst renommierten Kollegen Kindermann einen Aufsatz, in dem die Freigabe von Hormonpräparaten nahegelegt wurde.

„Ein Verbot von anabolen Hormonen mit dem Hinweis auf eine Schädigung, die nicht bewiesen ist, lässt die ärztliche Beratung bzw. den Arzt selbst fragwürdig erscheinen und ist daher nicht empfehlenswert.“11

Vorliegende Hinweise darauf, daß der Einsatz von anabolen Steroiden zu Schäden führen könnte, ließen Keul & Co. damals nicht gelten; ethische Überlegungen etwa im Hinblick auf einen „sauberen Sport“ wurden erst überhaupt nicht angestellt. Wie zynisch damals gedacht wurde, illustriert eine Aussage von Wilfried Kindermann (der übrigens noch 2006 in Turin leitender Arzt des deutschen Olympiateams war), der trotz einiger Berichte über Lebertumore nach Anabolikamißbrauch lapidar feststellte:

„Die Anabolikagabe an Frauen ist eher ein soziales Problem als ein medizinisches. Im Osten kommen Frauen auch mit tieferen Stimmen durch den Alltag.“12

Wer sich in Anbetracht solcher Verlautbarungen, die wohlgemerkt keineswegs nur hinter vorgehaltener Hand gemacht, sondern in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden!, noch Illusionen bezüglich der Rolle westdeutscher Sportärzte im Dopinggeschehen macht, dem ist kaum zu helfen. Denn es ist kaum anzunehmen, daß diejenigen Akteure, die noch in den späten siebziger Jahren die Chuzpe hatten, auf eine teilweise Freigabe von Hormonpräparaten zu dringen, in den folgenden Jahrzehnten ihre Präferenzen ganz anders justiert haben. Der Versuch der Ärzte Keul, Klümper und Kindermann, Doping salonfähig zu machen, wurde seinerzeit vom damaligen Kanzler Helmut Schmidt persönlich unterbunden. Mit einem Machtwort untersagte er jede weitere Finanzierung solcher Studien.

Keul selbst geriet außer 1976, als ihm der Hammerwurfeuropameister Uwe Beyer vorwarf, ihm Anabolika verabreicht zu haben, nur selten wieder in den konkreten Verdacht, sich in diesem Geschäft die Finger schmutzig zu machen. Dabei hatte er die Dopingpraxis, wie aus den Stasi-Archiven in den späten 90ern bekannt wurde, bereits 1974 gegenüber seinem DDR-Kollegen Prof. Manfred Höppner eingeräumt: „… bestätigte Prof. Dr. Keul, daß in der BRD generell die Anwendung von Anabolen erfolgt und daß er im Prinzip nichts dagegen einzuwenden habe.“13

Im Jahr 2000 verstarb Joseph Keul und seitdem wurde sein Name kaum mehr in Verbindung mit den weniger ruhmvollen Verquickungen der Sportmedizin mit der Dopingmafia gebracht. Wenn nun aber die Ärzte Prof. Dr. Andreas Schmid und Dr. Lothar Heinrich ihre Beteiligung einräumen, dann sind das die beiden Ärzte, die im Jahr 1991 von Keul persönlich unter Vertrag genommen wurden und gemäß seinen Vorgaben die Betreuung im Radsport organisierten. Kaum anzunehmen, daß seine beiden Assistenten nicht nach Maßgabe des Altmeisters vorgingen. Und zu ihrem Vorgehen zählte, wie man nun nach jahrelangem beharrlichen Leugnen weiß, auch die Verabreichung von Dopingsubstanzen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Deutlich weniger Begabung oder vielleicht auch nur Glück, sich aus offensichtlichen, publik gewordenen Dopingfällen herauszuhalten, war dem Sportarzt und Traumatologen Armin Klümper vergönnt.

Armin Klümper – Blankorezepte für Anabolika und der frühe Tod der Birgit Dressel

Klümper, der seit vielen Jahren in Südafrika lebt und ironischwerweise Bücher über Pflanzenheilkunde verfasst14, war über fast zwei Jahrzehnte hinweg die Topadresse der deutschen Sportmedizin. Zu ihm pilgerten die Athleten wie zu einem Guru; und auch bei Klümper erschöpfte sich die Behandlung bei weitem nicht nur im Auftragen von Voltaren Gel. Klümper, der einen Lehrstuhl an der Universität Freiburg inne hatte und Leiter der Sporttraumatologischen Spezialambulanz der Mooswaldklinik war, bewies weit weniger Zurückhaltung als sein Kollege Joseph Keul.

Berühmt und berüchtigt war er für seinen „Klümper-Cocktail“, von dem sich die Sportler wahre Wunderdinge erhofften. Nachdem er in den siebziger Jahren wie seine Kollegen Keul und Kindermann keinen besonderen Hehl daraus machte, daß er der leistungsfördernden Medikamentengabe Sympathien engegenbrachte, hielt er sich ab 1980 diesbezüglich bedeckter. Vom Hammerwerfer Walter Schmidt, der zwischen 1971 und 1975 mehrmals den Weltrekord verbessert hatte, wurde Klümper freilich bezichtigt, ihm Anabolika gespritzt zu haben. Klümper – mutiger als sein ehemaliger Weggefährte und späterer Antipode Keul – stritt dies gar nicht kategorisch ab, sondern erklärte, Schmidt habe „rauhe Mengen von Anabolika“ geschluckt und er habe diesem lediglich einen Dosierungsplan geschrieben. Der Fall war damit schon wieder fast erledigt.

Große Schlagzeilen machte dann jedoch 1987 der tragische Todesfall der hoffnungsvollen Siebenkämpferin Birgit Dressel. Die Bremer Leichtathletin war seit 1981 Patientin bei Armin Klümper. 1984 war Dressel in Los Angeles Neunte bei den Olympischen Spielen geworden, 1986 schrammte sie als Viertplazierte bei den Europameisterschaften knapp an einer Medaille vorbei. Sie selbst bezeichnete Klümper als ihren Vertrauensarzt. Am 10. April 1987 verstarb die 26-jährige an einem – laut Gutachten – „Multiorganversagen infolge eines durch Medikamente ausgelösten toxisch-allergischen Schocks“ in der Mainzer Universitätsklinik.

Das Martyrium der Birgit Dressel dauerte drei Tage lang. Wegen starker Schmerzen nach dem Kugelstoßtraining und dem Verdacht auf eine Nierenkolik wurde sie in die Klinik eingewiesen. Möglicherweise war den Ärzten auch nicht bekannt, daß unter den Medikamenten, die Birgit Dressel im Körper hatte, auch drei Anabolikapräparate waren. Alle Rettungsversuche der 24 Ärzte des Uniklinikums blieben vergeblich. Das Time-Magazin faßte den Fall so zusammen:

In the 1984 Olympics, she came in ninth. In the 1986 European Championships, she came in fourth. In 1987, at the age of 26, West German heptathlete Birgit Dressel was dead, the victim of her body’s reaction to the profusion of drugs she took in order to be a great competitor.
Her story is a singularly horrible one, but the behavior that cost Dressel her life is by no means unique. Dressel died in a Mainz hospital, after three days of agonizing pain, because of a rare massive allergic reaction to the combination of drugs she took — as many as 20 different kinds. She consumed them compulsively, seeking help from at least three different doctors to keep the medicine chest stocked, believing that they would all help her win. She believed as well that the drugs were nothing to worry about. When her mother questioned her about them, Dressel replied, „These are all harmless drugs. All athletes take them. It’s really nothing special.“ [Time Magazine (1988): An Athlete Dying Young. 10.10.1988]

Vielleicht war es tatsächlich nichts Außergewöhnliches, daß Athleten – wie offenbar die aufstrebende Athletin Birgit Dressel – einen ganzen Medikamentencocktail einnahmen, höchstwahrscheinlich war auch der legendäre „Klümper-Cocktail“ darunter. Die Besonderheit im Fall Dressel war vermutlich nur, daß sie neben ihrem Leibarzt Klümper auch noch bei zwei weiteren Medizinern vorstellig geworden war, die ihr u.a. Schmerzmedikamente verabreichten. Insgesamt, so ergaben es die Untersuchungen, wurden ihr von Klümper in den beiden Jahren vor ihrem Tod über 100 verschiedene Medikamente und über 400 Injektionen verabreicht. Ihr Trainer gab später an, daß sie auch verschiedene Anabolika eingenommen habe, darunter die Präparate Stromba und Megagrisevit, verschrieben durch Dr. Armin Klümper. Die Staatsanwaltschaft Mainz stellte das Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung, das gegen Unbekannt gestellt war, nach einigen Monaten ergebnislos ein.

Gestolpert ist Armin Klümper letztlich 1994 über den Fall der Hürdensprinterin Birgit Hamann-Wolf. Sie hatte Klümper vorgeworfen, ihr Wachstumshormone gegeben zu haben15 – dies allerdings ohne ihr Wissen. Ironischerweise wurde Klümper allerdings nicht wegen Medikamentenmißbrauchs oder versuchter Körperverletzung belangt, sondern weil er leichtsinniger- und unzulässigerweise über Jahre hinweg die Hormonpräparate über die Krankenkasse und den Deutschen Sportbund abgerechnet hatte.

Schweigekartelle und Leugnung um jeden Preis

Die Ärzte, die heute die Spitzensportler im Radsport, Skilanglauf, Schwimmen oder auch im Fußball betreuen, sind – das muß jedem bewußt sein – entweder dieselben, die in den 80er und 90er Jahren in Dopingfälle verstrickt waren oder stehen als Assistenten, Schüler, Nachfolger in der Tradition von Keul und Klümper.16 Prof. Wilfried Kindermann, der vor 30 Jahren die Folgen des Anabolikamißbrauchs in obszöner Weise verharmloste, war lange Jahre Chef der Deutschen Fußballnationalmannschaft und fungierte noch bei der WM 2006 als „Chief Medical Officer des Organisationskomitees“. Joseph Keul ist gestorben und Armin Klümper widmet sich in Südafrika seinen Forschungen.

Bis heute ist von der Sportärztegeneration, die heute zwischen 30 und 50 Jahre alt ist, keine kritische Bemerkung, keine Distanzierung von deren Praktiken zu vernehmen. Im Gegenteil: die nunmehr geständigen Telekom-Ärzte Schmid und Heinrich, die 1991 von Joseph Keul persönlich rekrutiert wurden, waren beispielsweise mehrmals zu Besuchen in Südafrika. Selbstverständlich war Klümper Ziel ihrer Reise. Auf die Frage, inwiefern sie die Gepflogenheiten am sportmedizinischen Institut der Universität Freiburg im Sinne des Gründervaters Keul fortführten, verweigern sie bislang jede Auskunft. Seither hatte ja genau diese Strategie Erfolg. Nichts anderes hatten schließlich Keul und Klümper vorbildlich demonstriert: jede kritische Nachfrage wird empört zurückgewiesen, ansonsten gilt das Primat des universellen Leugnens. Zu fragen wäre tatsächlich, ob den Freiburger Ärzten eine Art „Schweigegelübde“ auferlegt wird.

Daß die sonst so jovialen Ärzte auch bissig und kämpferisch agieren konnten, zeigt die Erfahrung von Andreas Strepenick, der vorrangig für die Badische Zeitung schreibt:

Andreas Schmid hatte die Badische Zeitung am 27. März davor gewarnt, über seine eventuelle Verstrickung in eine Dopingaffäre überhaupt nur ein Wort zu berichten. Er weigerte sich, etwas zu den Vorwürfen des früheren Team-Masseurs Jef d´Hont zu sagen, er warnte und er drohte. Schmid schrie am Telefon – und rief fünf Minuten später noch einmal an, um sich in aller Form zu entschuldigen. Als vor dreieinhalb Wochen das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ seine 15-seitige Enthüllungsgeschichte herausbrachte, erklärte Schmid nur schriftlich in knappen Worten, die Beschuldigungen entbehrten jeder Grundlage. Er log. Er log noch einmal am 10. Mai in seiner Erklärung gegenüber Klinikumsdirektor Brandis. Wie sein Kollege Heinrich hoffte er, das Kartell des Schweigens werde halten. [Strepenick/Focus-Online, Freiburger Doping-Ärzte, 27.5.2007]

Hinsichtlich der erfolgversprechenden Strategie des Leugnens setzt sich die gute alte Freiburger Tradition offensichtlich fort. Wer also in den letzten Jahren behauptete, die Mediziner des Teams Telekom und die Sportmediziner Freiburgs seien aktive Kämpfer gegen das Doping,17 outet sich entweder als jemand, der tatsächlich keine Ahnung hat oder das Dopingsystem stillschweigend toleriert.

Interessant ist, daß der heutige Ärztliche Direktor der Freiburger Sportmedizin, Prof. Hans-Hermann Dickhuth, bis letzte Woche seine Mitarbeiter Schmid und Heinrich beharrlich gegen jegliche Vorwürfe verteidigte.18 Beide hätten versucht, den Radrennstall der Telekom frei von Doping zu halten. „Auch unter meinem Vorgänger war die Abteilung sauber“, versicherte er. „Ich hatte bisher nie den Eindruck, dass in Freiburg etwas vertuscht oder unter den Teppich gekehrt worden wäre.“19 Soll man Dickhuth nun Naivität oder Dreistigkeit vorhalten?20

Wie aber, das soll abschließend kurz erörtert werden, ist es überhaupt zu erklären, daß Mediziner bei diesem unredlichen Dopingspiel beteiligt sind? Gab es da nicht eine Standesethik, die sich in etwa am legendären hippokratischen Eid orientiert?21

Dilemma und Irrtum der Sportmedizin – Medikation ohne Indikation

Wie im ersten Artikel der Serie bereits angedeutet wurde, befinden sich auch die Ärzteteams in einem Konkurrenzkampf. Wenn die Sportler nicht zum Saisonhöhepunkt topfit sind, stehen die Ärzte – soweit nicht den Trainern Versäumnisse angelastet werden können – in der Schußlinie. Wenn es um die Betreuung von National- oder Olympiateams geht, wächst die Verantwortung noch mehr. Schließlich sitzt die gesamte Nation vor den Fernsehschirmen und erwartet Erfolge – wenn diese ausbleiben, steht die gesamte Mannschaft, einschließlich der Betreuer und Ärzte, in der Kritik.

Der Druck auf die Ärzte wächst, wenn anzunehmen ist, daß die Athleten anderer Nationen mit bestimmten Präparaten in Spitzenform gebracht werden. Wieso also – so ja auch die oben geschilderte Überlegung von Keul, Kindermann und Klümper in den Jahren 1976ff. – den eigenen Sportlern diese Möglichkeiten vorenthalten? Insgesamt sind vermutlich zwei Motivkreise zu unterscheiden: erstens die löbliche, aber naive Vorstellung, durch ärztlich kontrollierte Dopingverabreichung mögliche Folgeschäden ausschließen zu können, zweitens der Versuch, die Existenzberechtigung und Bedeutung der eigenen Profession unter Beweis zu stellen.

Wen man also danach fragt, wie ein Sportmediziner dazu kommt, einem Athleten verbotene Substanzen zu verabreichen, muß man akzeptieren, daß auch hier die Antwort nicht eindimensional ausfallen kann. Gewiß, Skrupellosigkeit und ärztlicher Zynismus spielen teilweise auch hier eine Rolle, wie an den kurz skizzierten Fällen möglicherweise ablesbar ist; dennoch schwingt häufig das Motiv mit, den Athleten Folgeschäden durch Dosierungsfehler zu ersparen.

Diese Überlegung wurde 1977 folgenderweise formuliert:

«Wenn die Ärzte „Nein“ sagen, dann gibt es überhaupt keine Kontrolle», erläuterte Dirk Clasing, der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Verbandsärzte (und heutiger Medizinchef der Nationalen Anti-Doping-Agentur) weiter: «Es ist deshalb doch besser, mitzugehen, zu steuern und sinnvoll zu helfen, als zu sagen: „Wir sind völlig dagegen!“ – gegen Substanzen möglicherweise, die nicht einmal unbedingt schaden.»22

Daß auch hier eine gehörige Portion Scheinheiligkeit mitspielt, ist dennoch offensichtlich.

Das zweite Motivbündel zielt allerdings nicht auf das Patienten- bzw. Sportlerwohl, sondern ist selbstreferentiell auf den eigenen Berufsstand bezogen. Wie in allen anderen Bereichen der universitären Forschung ist es von existentieller Bedeutung, daß gegenüber Politik und Wissenschaftsbürokratie die Wichtigkeit des eigenen Forschungsgebietes klargestellt wird. Jeder Sportmediziner, der sich bescheiden gibt und verlautbart, daß die Betreuung der Athleten keine weiteren Forschungen erforderlich macht, ist Totengräber seiner eigenen Profession. Die Professoren Keul und Klümper verstanden sich hervorragend darauf, einerseits Gelder für ihre Dopingforschungsprojekte zu akquirieren, andererseits sich als unersetzlich darzustellen.

Wenn jeder Provinzsportarzt dieselben Betreuungserfolge der Spitzensportler erzielen könnte, wäre dieser Nimbus kaum aufrechtzuerhalten. Die Anwendung von unerlaubten Methoden und das Erfahrungswissen im Umgang mit Dopingsubstanzen konnten die Freiburger Sportmediziner fast exklusiv für sich beanspruchen. Kaum anders ist die frappierende Dominanz der „Freiburger Schule“ in der Sportmedizin zu erklären. Zu diesem wertvollen Wissensvorsprung gehört im übrigen auch das Beherrschen derjenigen Techniken, die den Sportlern erlauben, durch das Kontrollnetz der Dopingbehörden zu schlüpfen. Wie man weiß, verstanden die Freiburger Ärzte es durchaus meisterlich, ihre Epo-gestützten Radprofis genau auf den Hämatokritwert einzustellen, der unterhalb des Grenzwertes lag.

Niemand kann also behaupten, in Freiburg seien Pfuscher am Werk. Was man dennoch feststellen muß und weswegen sich der Einsatz von Dopingsubstanzen grundsätzlich verbietet, ist der Umstand, daß hier eine Medikation ohne Indikation vorliegt. Die Verabreichung von Medikamenten, ohne daß eine zwingende medizinische Indikation gegeben ist, stellt einen groben ärztlichen Fehler dar. Es wird insofern höchste Zeit, daß nun auch in der Politik und der Ärzteschaft über Sanktionen gegen diejenigen Ärzte nachgedacht wird, die im Dopingmilieu gearbeitet haben.

Auf Reue oder Distanzierung der betroffenen Ärzte, etwa ein aufrichtiges Bedauern, daß man auch gesundheitliche Schäden der Athleten in Kauf genommen habe oder schlicht das Eingeständnis, daß man jahrelang dreist gelogen habe – darauf wird man vergeblich warten müssen.

 

  1. Scheinheiligkeiten, Blindheit und Systemzwänge » Dopingarrangements im Spitzensport I
  2. Initiationsriten und Inszenierungen für die Vorderbühne » Dopingarrangements im Spitzensport II
  3. Ärzte im Schafspelz. Die Freiburger Sportmedizin » Dopingarrangements im Spitzensport III
  4. Kontaminierte Tourhelden und andere strahlende Sieger » Dopingarrangements im Spitzensport IV

 

 


Linktipps:

Rolle der Freiburger Sportmedizin:

Dopingproblematik allgemein / DDR-Staatsdoping:

Literaturtipps:

  1. Aber vielleicht gehört Doping auch einfach zwingend zum System Spitzensport? Auf ein interessantes Interview mit dem Sportökonomen Jörg Tolsdorf verweist das Blogatelier. []
  2. Franke, der möglicherweise in seinem aufklärerischen Impetus manchmal etwas übereifrig auftritt, wurde in den letzten Jahren mit dutzenden Unterlassungsklagen überzogen; der gerichtlichen Überprüfung hielten Frankes Behauptungen jedoch bislang fast immer stand. []
  3. Der spanische Mediziner gilt als Hauptfigur im sog. Fuentes-Skandal, über den u.a. Jan Ullrich im Vorfeld der Tour de France 2006 stolperte. Zu Fuentes nach Madrid pilgerten neben Ullrich zahlreiche andere Spitzensportler, wie etwa Ivan Basso, die sich von Blutplasmakonserven, EPO und Wachstumshormonen eine Leistungssteigerung versprachen. []
  4. Ein Umstand, der auch kaum verwunderlich ist. Denn die Verdachtsfälle sind keineswegs nur Insidern bekannt. Erstaunlich ist vielmehr, daß nach dem Geständnis von Heinrich, Schmid & Co. überhaupt jemand ernsthaft erstaunt sein kann. Wer sich ein wenig in diesem Bereich auskennt, kann diese grassierende Verwunderung nur als Heuchelei deuten. []
  5. Nachdem dieser Schritt unausweichlich geworden war, traf DOSB-Präsident Thomas Bach die überfällige Entscheidung, die Zusammenarbeit zu beenden. Er versprach, „alles für ein sauberes Betreuerteam 2008 zu tun. In unserer Null-Toleranz-Politik gibt es kein Wackeln, erst recht nicht im Bereich Sportmedizin.“ Bleibt zu hoffen, daß es sich auch bei dem verabschiedeten 10-Punkte-Aktionsplan nicht wieder nur um ein Lippenbekenntnis handelt. Denn gerade Thomas Bach und seine Kollegen in den Präsidien der deutschen Sportverbände hätten schon längst wissen können, daß in Freiburg nicht immer gemäß den Regeln eines sauberen Sports gearbeitet wird bzw. wurde. []
  6. Das flächendeckende Dopingsystem der DDR zielte auch – im Unterschied zur alten BRD – auf die vielen heranwachsenden Talente in den Sport- und Talentschulen. Die weitreichenden gesundheitlichen Auswirkungen, die die Verabreichung von Dopingsubstanzen v.a. auf junge Mädchen hatte, sind in den 90er Jahren im Rahmen einiger Gerichtsprozesse publik geworden. Bis heute leiden unzählige ehemalige Spitzenathletinnen unter gravierenden Folgeschäden. Sehr interessant hierzu das Gespräch mit Ines Geipel in der FAZ. []
  7. Gemeint ist die Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig, die als Hochburg des Anabolikadopings der DDR gilt. []
  8. Hierbei handelt es sich um eine Handvoll Redakteure überregionaler Tageszeitungen [SZ, FAZ, FR,…], wie bspw. Thomas Kistner, Evi Simeoni, Andreas Singler oder Hans-Joachim Waldbröl. []
  9. Und mehr noch, solange die gefeierten und angehimmelten Nationalhelden nicht vor laufender Kamera die Spritzen ansetzen, so können sie sich des Beistands etwa der Bildzeitung sicher sein. Als 1988 der damalige Präsident des Deutschen Leichtathletikverbandes nach dem mysteriösen Todesfall Birgit Dressels und der ungeklärten Beteiligung von Armin Klümper, den Freiburger Arzt nicht mit zu den Olympischen Spielen nach Seoul nehmen wollte, ergriff die Bildzeitung Partei für den Dopingarzt Klümper. Munzert wurde zum Abschuß freigegeben und BILD titelte: „Herr Munzert! Entschuldigen Sie sich bei Professor Klümper!“ – Munzert trat, nach heftigen Mobbingattacken gegen ihn, wenige Monate später zurück. []
  10. vgl. Strepenick, Andreas: Die Schwarzmarktklinik, Tagesspiegel, 25.5.2007 []
  11. Die auffällige hohe Sterberate ehemaliger Spitzensportler im Alter von 40-50 Jahren, die von den Freiburger Sportärzten betreut wurden, weist allerdings doch auf negative Effekte hin. Der Hammerwerfer Uwe Beyer, der Keul die Gabe von Anabolika vorwarf, verstarb 1993; der ebenfalls geständige Spitzenkugelstoßer Ralf Reichenbach verstarb 1998. []
  12. vgl. Singler, Andreas (2006): Die «praktische Toleranz» im Spitzensport, NZZ, 12.10.2006 []
  13. vgl. Bürer, Barbara & Klawitter, Nils (1998): Doping macht vergeßlich. DIE ZEIT, 13/1998 – Keul selbst wies die Vorwürfe später weit von sich. Höppner habe sich vor der Stasi nur wichtig machen wollen, so seine Erklärung. []
  14. Der Titel eines seiner letzten Bücher lautet: „Unkraut vergeht nicht“, man wäre fast geneigt dem Mediziner Klümper ein gewisses Talent zur Selbstironie zuzusprechen. []
  15. Klümper hatte Birgit Wolf das Medikament „Genotropin“ gegeben, das ausschließlich bei Wachstumsstörungen von Kindern indiziert ist. []
  16. Und tragen – so sie nicht selbst aktiv Dopingsubstanzen verabreichen – dennoch eine Mitverantwortung, sobald sie Kenntnis davon erlangen, daß die ihnen anvertrauten Sportler Dopingmißbrauch betreiben, dagegen aber nicht einschreiten. []
  17. Völlig unverständlicherweise gehörten etwa Georg Huber oder Andreas Schmid lange Jahre den Nationalen bzw. Internationalen Anti-Doping-Agenturen an. Ärzte im Schafspelz eben. []
  18. Wieviel bzw. wie wenig Ehrenerklärungen wert sind, ist an der „Stellungnahme der sportmedizinischen Mitarbeiter der Uniklinik Freiburg“ [PDF] abzulesen. Am 25.5.2007 stellten sie klar: „Unsere Position zum Doping: Die Mitarbeiter (…) distanzieren sich von einer aktiven oder passiven Beteiligung an Doping im Sport in jeder Form. Wir lehnen jede unerlaubte Leistungsmanipulation im Wettkampfsport ab. Wir stehen zu den positiven Grundwerten, die Sport unserer Gesellschaft vermittelt.“ Einen Tag später räumte der Mitunterzeichner Huber seine Beteiligung am systematischen Doping ein. []
  19. vgl. K.H. Zurbonsen/Stuttgarter Zeitung (2007): Freiburger Sportmediziner räumen Doping ein, 24.5.2007 []
  20. Ebenfalls ein Kollege früherer Freiburger Tage ist übrigens der Mannschaftsarzt der deutschen Skiläufer Ernst Jakob. Dieser machte sich bei den Olympischen Spielen in Turin 2006 teilweise höchst lächerlich, als er die über den Grenzwerten liegenden Hämoglobinwerte von Evi Sachenbacher-Stehle erklären sollte. Er wurde daraufhin gegenüber dem Chef der Anti-Doping-Agentur des Skiverbandes Bengt Saltin ausfällig. []
  21. In seinem Wesenskern zielt der Eid des Hippokrates (der allerdings von keinem Arzt tatsächlich abgelegt wird!) darauf, daß die ärztliche Tätigkeit stets nur zum Nutzen der Patienten, niemals zu deren Schaden eingesetzt werden dürfe. []
  22. vgl. Singler, Andreas (2006): Die «praktische Toleranz» im Spitzensport. 1976 bewiesen bundesdeutsche Ärzte ihre Dopingbereitschaft mit kurzzeitiger Anabolika-Freigabe, NZZ, 12.10.2006 []

9 Gedanken zu „Ärzte im Schafspelz. Die Freiburger Sportmedizin » Dopingarrangements im Spitzensport III“

  1. Auch hier gilt offensichtlich, daß man den Splitter im Auge des anderen, den Balken im eigenen Auge aber nicht sehen konnte bzw. wollte. Die „böse“ DDR und der Osten insgesamt standen ja immer im Verdacht der Manipulation. Daß in der BRD ebenfalls getrickst wurde, wissen wir dagegen erst seit wenigen Jahren.

    Danke für den ausführlichen Artikel.

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