Bayern hat einen neuen König. Und München vorübergehend eine neue Touristenattraktion. Seit einigen Tagen befindet sich nämlich am Gerüst der "Katholischen Stiftskirche St. Kajetan", die unter dem Namen Theatinerkirche bekannt ist, ein überdimensionales Werbeplakat, das für einiges Aufsehen sorgt.
Es ist selten, daß mehr Photoapparate auf das Kirchenportal als auf die Feldherrnhalle gerichtet sind, die die andere Seite des Odeonsplatzes begrenzt. Um den Lesern der Wissenswerkstatt einen Eindruck zu vermitteln, bin ich losgezogen und habe das Plakat photographiert.
Es zeigt den neuen Star des FC Bayern, Franck Ribéry, der sich – da inzwischen bekennender Muslim – Bilal nennt. Und dieser sei – so die Botschaft – neuer König der Bayern. Ich selbst bin etwas unschlüssig, ob ich diese Form der PR gutheißen soll. Allerdings finde ich gewisse Konnotationen, die hier mitschwingen, gar nicht so unsympathisch. Das beginnt damit, daß es durchaus für die Münchner und die Bayern spricht, wenn offenbar kein Sturm des Protestes durch das Land fegt, wenn einem augenzwinkernd ein Franzose als neuer Herrscher vorgesetzt wird.
Abgesehen davon finde ich es ebenso löblich, daß ganz offensichtlich die katholische Kirchengemeinde nichts dagegen einzuwenden hat, daß eben – wie erwähnt – an ihrem Portal ein Angehöriger einer anderen Glaubensrichtung abgebildet ist. Und Bilal selbst scheint auch nichts dagegen zu haben. Immerhin hier scheint eine friedliche Koexistenz der Religionen ohne allzuviel Argwohn möglich zu sein. Gemäkelt wurde allerdings von Bernd Graff in der Süddeutschen Zeitung – seine Kritik setzt mit der fehlenden Krone ein.
Man hat ihm stattdessen einen achtstrahligen, silbernen Ordensstern um den Hals gehängt, der sich wie der "Hohe Orden vom Schwarzen Adler" ausnimmt. Das ist ein von 1701 bis zum Ende des deutschen Kaiserreichs insgesamt 407 mal verliehener höchster Orden. Und wer hat den verliehen? Ausgerechnet Preußen! Und zwar an alle, nur nie an die Bayern. (…)
Was also will uns diese Gemengelage aus wirren Zeichen, diese gehängte Endmoräne willkürlich dahergerollter Anspielungen, sagen?
Falls Bernd Graff wider Erwarten mitliest: er irrt sich, wenn er sich an dem angeblichen "Hohen Orden vom Schwarzen Adler" festbeißt und hier den Werbetreibenden eine Art Geschichtsklitterung vorwirft. Denn, wie man eindeutig feststellen kann: Franck Ribéry wurde an die Stelle des Märchenkönigs Ludwig II. gesetzt; augenzwinkernd das Monumentalgemälde von Gabriel Schachinger aus dem Jahr 1887 zitierend. Und den möglicherweise märchenhaft aufspielenden Fußballer Ribéry an die Stelle des legendären Märchenkönigs Ludwig II. zu setzen, hat durchaus Charme.
Das Gemälde Schachingers – das hier als Blaupause dient – zeigt Ludwig II. als Großmeister des Hausritterordens vom Heiligen Georg – und genau diesen hermelinbesetzten Mantel der Georgsritter trägt auch Ribéry. Und während Ludwig in seiner rechten Hand das Schwert Christophs des Starken hält, ist es bei Ribery die Eckfahne. Der freche Slogan "Bayern hat wieder einen König" ist also vor diesem Hintergrund durchaus berechtigt.
Die einzige Frage, die sich ernsthaft stellt, ist diejenige, ob sich ein Volk, das doch bereits einem Fußballkaiser die Ehre erweist, auch noch einem Fußballkönig gegenüber treu sein kann. Ob hier nicht Solidaritätskonflikte vorprogrammiert sind? ;-)
Ansonsten bin ich etwas verwundert, daß in der hiesigen Blogsphäre bislang niemand auf diese auffällige Veränderung des Stadtbildes reagiert hat.1 Interessanterweise war das Thema in französischen Fuball-Blogs durchaus schon Thema, so wie hier: "Franck Ribery nouveau roi de la Bavière".
Ich jedenfalls habe schon plattere Werbeplakate gesehen…
[Anmerkung: Das Anklicken der Photos öffnet jeweils eine größere Version.]
Wenn Sie sich für Franck Ribéry und den FC Bayern München interessieren, dann sind diese Bücher und DVDs evtl. ebenfalls interessant für Sie:
DVD:
- Mein Herz schlägt Rot – Die Geschichte des FC-Bayern München
- Frei:Gespielt – Mehmet Scholl: Über das Spiel hinaus
Bücher:
- Schulze-Marmeling, Dietrich: Die Bayern. Die Geschichte des deutschen Rekordmeisters
- Jockenhoefer, Rafael: 100 Jahre FC Bayern München… und ein paar Titel mehr
- Hüetlin, Thomas: Gute Freunde. Die wahre Geschichte des FC Bayern München
Allen, die sich für München, die Wittelsbacher oder den Märchenkönig Ludwig II. interessieren, seien folgende Links empfohlen:
- Krense, Timo (2006): münchenleben – das buch zur stadt. Verlag Thomas Mayer.
- Müller, Wolfgang (2006): Wittelsbacher Schicksale. Ludwig II., Otto I. und Sisi . Piper Verlag.
- Dinzinger, Gertraud (2005): Neuschwanstein und die Bergwelt des Märchenkönigs. BR. DVD.
- Hordych, Harald (2004): München für Zugereiste. Emmons-Verlag.
- Schmid, Gregor M. (2000): Königsträume. Die Schlösser König Ludwigs II. Nymphenburger Verlag.
16 Gedanken zu „Bayern hat wieder einen König » Franck Ribéry herrscht über den Odeonsplatz | Werkstattnotiz III“
Da gibt es sehr wohl Blogs, die sich mit dem Thema beschäftigen. Da müsste man aber die google Suchmaschine bedienen können, um das herauszufinden.
http://dorfkramer.blogspot.com/2007/08/das-fussballerplakat-der.html
Ein Volk, dessen Führungselite so bescheuert ist, Werbeplakate an die Staatskirche zu hängen steigt unweigerlich ab.
Sorry, aber das sind die Muslime oder Mohamedaner schlauer. [Edit: Hier wurde ein Satz gelöscht, der auf unselige, antisemitische Vorurteile rekurriert und im Zweifel bereits dem Tatbestand der Volksverhetzung nahekommt.]
Und : Sie haben noch Ehrfurcht vor anderen Dingen als unsere Spass-Spass-Fussballer und Werbetypen.
Ich habe da schon letzte Woche drüber geschrieben!
http://www.liveh8.de/?p=2312
Schöne Grüße nach München!
@Alex bzw. Al Gore:
Danke für den Hinweis. Ich hatte Technorati bemüht und da taucht Dein Artikel nicht auf. Seltsam, aber nun ist der Link ja gesetzt.
@dorfkramer:
Zunächst möchte ich Ihnen, Herr Dr. Engelsberger, im fußballerischen Sinne raten, doch bitte „den Ball etwas flacher zu halten“. Ihren Blogbeitrag habe ich übrigens nicht gefunden, da in ihrem langen Text kein einziges Mal der Name „Franck Ribéry“ auftaucht.
Nun habe ich mir ihren Artikel freilich durchgelesen und muß gestehen, daß ich mir im ersten Moment nicht sicher war, ob es sich eventuell um astreine Satire handelt.
Sie mögen entschuldigen, aber ich möchte meinen Lesern ihren Artikel nochmals ans Herz legen: man liest selten einen Text, der nichts anderes als eine wilde Mixtur von kruden Verschwörungstheorien, verstaubten Weltanschauungen und spätpubertären Phantasien des Aufbegehrens ist.
Und ich wußte gar nicht, daß Zeitgenossen, die sich selbst als königstreu apostrophieren, zu solch reaktionärer Jammerlappigkeit neigen.
Wozu überhaupt die Aufregung, dorfkramer? Ob da nun eine blanke Gerüstplane zu sehen ist oder Werbung, ist doch nun wirklich nichts Neues. Sogar im katholischen Italien finden sich Werbeplakate an Kirchen, die im Moment renoviert werden. So wirkt Ihre künstliche Aufregung ein bisschen sehr hinterwäldlerisch, wenn Sie sich gleich in Ihrer Menschenwürde verletzt fühlen!
Zum Thema Volksverhetzung oben:
Muslime darf man erwähnen, Juden nicht. Ich drücke durch die gleichzeitige Nennung von Muslimen aus, dass es sich dabei um die zwei der drei monotheistischen Religionen handelt, die eben im Gegensatz zum Christentum offensichtlich noch Ehrfurcht vor ihren Gotteshäusern haben.
Übrigens. Das sind genau die Zeichen, woran man erkennt, dass der Forumsadministrator kein Wissen über Religionen hat und einfach das nachplappert, was im reingedrückt wird.
Ich behandle die jüdische Religion genauso wie alle anderen Religionen, hier sogar im postiven Sinne. Also bitte nichts löschen, was nicht antisemitisch gemeint ist.
Hoppala, jetzt sehe ich sogar, dass der Name dieses Blogs „Wissenswerkstatt“ heißt. Sorry, aber das habe ich bei den bisherigen Äußerungen hier noch nicht bemerkt.
Was mich nur in der Aussage bestätig, dass es in München eben keine Kulturelite gibt.
Nun, heute verlinke ich diesen Blog in der Hoffnung, dass Bewohner von westlichen Münchner Ausfallstraßen mal zur Besinnung kommen.
http://dorfkramer.blogspot.com/2007/08/theatinerkirche-versagen-der.html
Es gibt Sachen, die gehen auf gar keinen Fall:
Matthäus 21,…
Jesus im Tempel
12 Jesus ging in den Tempel und trieb alle Händler und Käufer hinaus. Er stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenverkäufer um.
13 Dazu sagte er ihnen: »In den Heiligen Schriften steht, dass Gott erklärt hat: ‚Mein Tempel soll eine Stätte sein, an der die Menschen zu mir beten können!‘ Ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus!«
Werbeplakate haben an Kirchen nichts verloren. Und wenn man ständig seine eigenen Maßstäbe untergräbt, darf man sich nicht wundern, wenn man nicht mehr ernst genommen wird.
Strafanzeige gegen Franck Ribery, Dr. Edmund Stoiber u.a.
http://dorfkramer.blogspot.com/2007/08/strafanzeige-gegen-franck-ribry-dr.html
@Dorfkramer:
Sehr geehrter Herr Engelsberger, es stört mich übrigens nicht, wenn Sie meine Kommentarfunktion in gewisser Weise auch als Werbeplattform für ihre eigenen Blogbeiträge nutzen. Eifrige Blogkollegen unterstütze ich doch gerne. ;-)
Ein klein wenig muß ich freilich darüber schmunzeln, daß Sie selbst die Kommentarmöglichkeit in ihrem Blog abgestellt haben. Man könnte fast den Verdacht schöpfen, der Wille zu einem offenen Diskurs sei doch nicht so ausgeprägt.
Aber gleichviel: man darf mit gutem Recht darüber streiten, ob der gewählte Ort für das Plakat passend ist. Man kann sicher Einwände dagegen formulieren und diesen Umstand bedauern.
Allerdings sollte man daran weder den Untergang des Abendlandes noch den Niedergang der katholischen Kirche festmachen. Ich würde dazu raten, weniger bissig zu argumentieren.
Nach ihrem jüngsten Beitrag bin ich ehrlicherweise doch wieder etwas unschlüssig, was ich von ihrem Engagement halten soll – ein Strafantrag gegen Stoiber, Franck Ribéry und Dr. Tonio Kröger (dessen Name ich übrigens bezaubernd finde)? Darauf muß man erstmal kommen. An schrägen Ideen mangelt es Ihnen ja nicht – Respekt, Herr Engelsberger!
Habe ich mich also doch von Ihnen irreführen lassen und Sie betätigen sich als Satiriker?
[Anmerkung: Dennoch sollten Sie bei Ihren Texten und erst recht bei Strafanzeigen ein wenig mehr orthographische Genauigkeit walten lassen. Staatsanwälte können da sehr pingelig sein.]
Vorwurf Werbung: Blödsinn, da ich von Haus aus auf diesen Beitrag bei mir verweise, im Gegensatz zu diesem Blog, wo andere Sichtweisen gar nicht erwähnt werden.
Vorwurf Satire: Aus der Lut gegriffen.
Vorwurf bissig: Ich richte meinen Schreibstil nicht nach einer Leserschaft aus.
Vorwurf schräge Idee: Bitte erst mal den Inhalt lesen. Dann auf die Antwort Staatsanwalt warten. Wenn der das für eine schräge Idee hält, dann ist das ein Aufruf an Neonazis, dass es einen Freibrief für Friedhofsschändungen und Gedenkstättenschändungen gibt. So einfach ist das.
Weitere Vorwürfe? Fehlanzeige. Da meine Argumentation schlüssig ist und es dagegen keine Gegenargumente gibt. Gäbe es sie, hätte man sie sicher schon vorgetragen.
Auf eine „Argumentation“ nicht zu antworten kann daran liegen, dass man keine Gegenargumente hat. Es kann aber auch daran liegen, dass man sich selbst nicht lächerlich machen möchte und Satirisches für Ernsthaftes nimmt.
Jezt also schon das zweite Posting, das mir Satire unterstellt.
Ich frage mich, warum das so ist.
Die Diskussionen um den Wiener Stephansdom waren genauso ernsthaft wie die Diskussionen um die Theatinerkirche.
Ich habe alles sorgfältig recherchiert und aufbereitet.
Darum sei die Frage erlaubt, wie es sein kann, dass Menschen solche Dinge als Satire auffassen.
Oder muss man Bombenlegen, damit man ernst genommen wird?
Lieber Dorfkramer bzw. Dr. Engelsberger,
schön, daß Sie sich wieder zu Wort melden. Um ehrlich zu sein, bin ich nicht allzu sehr verwundert, daß Sie selbst etwas irritiert darüber sind, wie jemand ihre Ausführungen als satirisch einstufen kann.
Leider haben Sie ja auf Ihrem eigenen Blog die Kommentarfunktion deaktiviert. Das habe ich bereits oben bedauert, denn wenn ich Sie recht verstehe, kommt es Ihnen doch auf einen argumentative, demokratische Diskussionskultur an, oder? Aber gleichviel: wenn Sie auf ihrem Blog auch Kommentare zulassen würden, dann hätten Sie unter Garantie dutzende Reaktionen, die Ihren höchst originellen Einfällen reichlich amüsierten Beifall spenden würden.
Schade also, daß Sie diese Möglichkeit zur Selbsterkenntnis (qua Kommentarfeedback) nicht nutzen…
Um Ihnen evtl. dennoch einen kleinen Anhaltspunkt zur Beantwortung Ihrer Frage zu geben, möchte ich Ihnen eine kleine Gegenfrage stellen:
Kennen Sie selbst nicht auch solche Situationen, in denen man staunend, kopfschüttelnd und halb fassungslos das Verhalten von Mitmenschen beobachtet und kaum glauben mag, was sich da vor seinen Augen abspielt? Ist es nicht so, daß man in solchen Fällen manchmal gern glauben möchte, daß derjenige, der sich möglicherweise vor aller Augen der Lächerlichkeit preisgibt, es eben nicht ernst meint?
Kurz: manchmal hat man die Hoffnung, der andere möge doch bitte eine satirische Motivation haben. Sie wissen ja: die Hoffnung stirbt zuletzt und man glaubt immer noch an das Gute im (Mit-)Menschen. ;-)
Daß Sie es freilich tierisch bzw. bierernst meinen, habe ich persönlich inzwischen begriffen. Ihre Aktionen und Einfälle (Strafanzeige gegen Stoiber und Co., Antrag auf Exkommunikation des Theatinerpfarrers etc.) sind so köstlich, daß ich längst davon abgerückt bin, zu glauben, in Ihnen verberge sich lediglich ein begabter Politclown. Daß es sich bei Ihnen um einen Überzeugungstäter handelt, brauchen sie mir nicht zu beweisen.
P.S.: Vom Bombenlegen bitte ich abzusehen!
Bisher wurden hier noch keine Gegenargumente vorgetragen, sondern das einfachste, was man mit einer Meinung machen kann: Sie als irre oder lächerlich abzutun.
Das hat nichst mit intellektueller Auseinandersetzung zu tun, sondern ist Ausfluss einer Hilflosigkeit in der Debatte, die in Wien z.B. dazu geführt hat, dass der Unsinn mit den Werbeplakaten eingestellt wurde. Ich halte die Wiener Bevölkerung nicht für verrückt.
Eine Kommentarfunktion habe ich auf meinem Blog nicht, da ich Aktivist bin und kein Blogger. Der Blog ist lediglich Ausfluss meines Handelns und dient der Dokumentation. Ich habe aufgrund meiner berechtigten Einwände gegen den globalen Konsum-Mainstream nicht nur Freunde und habe bereits durch Einträge, die ich nicht zu verantworten habe, Abmahnungen bekommen. Als Aktivist kann ich mich nicht den ganzen Tag darum kümmern im Unterschied zu reinen Bloggern und Forenadministratoren.
Auch das wird schwierig zu verstehen sein, aber ich kläre weiterhin auf.
Im übrigen wird dieser Blog hier durch die Kommentare aller aufgewertet.