Verführbare Wissenschaft ::: Zu viel Alarmgeschrei um Google | Werkstatt-Ticker 11

Ticker.jpg» Auch wenn die Wissenschaft in ihrem Kern eine rationale, um weitestgehende Nüchternheit bemühte Unternehmung ist: es wäre naiv anzunehmen, die wissenschaftlichen Ergebnisse sprächen immer und ausschließlich für sich.

Es gibt zahllose Untersuchungen, die illustrieren, daß auch im naturwissenschaftlichen Fachdiskurs immer noch Zufälle, Unwägbarkeiten, die persönlichen Präferenzen der Forscher und nicht zuletzt die Art und Weise der Präsentation der wissenschaftlichen Erkenntnisse eine Rolle spielen. Eine besonders nette Studie hierzu hat Benedikt im Blog „Zahlenbilder“ aufgestöbert.

Im vergangenen September berichteten David P. McCabea und Alan D. Castel im Journal „Cognition“ von ihren Untersuchungen, in denen sie neurowissenschaftliche Fachartikel in zwei Varianten anfertigten. Einmal waren die Artikel durch Gehirnscans „aufgepeppt“, das andere mal fehlten solche CT- oder MRT-Aufnahmen des Schädels. Ansonsten waren die Texte identisch – die Stichhaltigkeit der Argumentation, ihre Plausibilität wurde allerdings höher eingestuft, wenn die visuellen Marken gesetzt waren. Die Forscher schreiben selbst:

„Three experiments are reported showing that presenting brain images with articles summarizing cognitive neuroscience research resulted in higher ratings of scientific reasoning for arguments made in those articles, as compared to articles accompanied by bar graphs, a topographical map of brain activation, or no image. These data lend support to the notion that part of the fascination, and the credibility, of brain imaging research lies in the persuasive power of the actual brain images themselves.“

Es ist doch immer wieder interessant, wie leicht korrumpierbar wir sind. Andere Frage: Sollten wir Sozialwissenschaftler solche Informationen auch beherzigen und unsere Artikel zukünftig mit maximal attraktiven Schaubildern oder Tabellen ausstatten? Wenn es vielleicht auch nicht der Wahrheitsfindung, so doch zumindest der Karriere dient?

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» Vor zwei Wochen hatte ich bereits auf das aktuelle Buch des Journalisten Gerald Reischl hingewiesen, das den anklagenden Titel „Die Google-Falle“ trägt. Der Basler Historiker Peter Haber war nach seiner Lektüre zum ernüchterten Urteil gelangt, daß im Buch wenig Neues stehe, dafür umso mehr Staub aufgewirbelt werde.

Burkhard Strassmann kommt in der ZEIT zum selben Urteil: der alarmistische Grundton, das Raunen von einer angeblichen (Welt-)Verschwörung des Konzerns schade dem eigentlichen Anliegen des Buches, nämlich über die tatsächlich kritikwürdigen Praktiken von Google aufzuklären. Stattdessen schrecke das Alarmgeschrei Reischls eher ab und sei unglaubwürdig.

„Der unangenehmste Aspekt des Anti-Google-Buches ist, dass grundsätzlich Beweise durch Andeutungen ersetzt werden. […] Zu viel Schaum vorm Mund, zu viel Alarm – so schlimm kann es in Wirklichkeit doch gar nicht sein.“

Wer sich dennoch eine eigene Meinung bilden möchte:

Und hier die Rezension:


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