Blogs sind ein wunderbares Publikationsinstrument. Doch neben den vielen Vorteilen, die die Blog-Infrastruktur gerade auch für wissenschaftliche Notizen bietet, gibt es freilich auch Schattenseiten.
Ein Hauptmanko ist die streng chronologische Ordnung, die dazu führt, daß Artikel nur mit viel Aufwand thematisch gruppiert werden können – und ältere Texte zwangsläufig nach „hinten“ durchgereicht werden und sukzessive verschwinden.1
Ein anderes Defizit ist – zumindest für manche Nutzergruppen – der „Aggregatszustand“. Soll heißen: es ist nicht jedermanns Sache längere Texte online zu lesen. Ich selbst lese durchaus auch mehrere Seiten am Bildschirm, aber ich weiß aus meinem Bekanntenkreis von (akademischen) Lesern, die kaum mehr als ein Bildschirmseite lesen und dann kapitulieren.
Den Lesegewohnheiten entgegenkommen
Der Vorteil von PDFs liegt ja u.a. darin, daß sich viele Leser die Texte ausdrucken, abheften, archivieren können. Und: viele Studenten und Wissenschaftler sind einfach daran gewöhnt, den überwiegenden Anteil der Texte in papierner Form vorliegen zu haben.2
Blogs sind wunderbare Publikationsinstrumente. Allerdings verschwinden spannende Beiträge allzu leicht wieder…
Wenn man diese beiden Punkte bedenkt – also einerseits das im wissenschaftlichen Kontext unnötige „Altern“ und Verschwinden der Texte, andererseits die Lesegewohnheiten des Publikums, die nicht unbedingt an Blogs adaptiert sind -, so stellt sich die Frage, ob hier Abhilfe geschaffen werden kann.
Henning Krieg – der vielen Bloggern von Barcamps bekannt sein dürfte, wo er die juristischen Details des Onlinegeschäfts wunderbar informativ erläutert – hat sich genau aus diesen Gründen Gedanken gemacht, ob vielleicht ein E-Book-Plugin hier die Lösung wäre. Er schreibt:
„Die Beiträge auf Blogs sind in aller Regel chronologisch sortiert. Und damit sind Blogbeiträge von vornherein mit einer überaus kurzen Halbwertzeit versehen: was durch neuere Beiträge von der Startseite eines Blogs verdrängt wurde, das wird regelmäßig kaum noch wahrgenommen.
Das ist ein unbefriedigender Zustand. Auf vielen Blogs kommt es nämlich auf eine Tagesaktualität gar nicht an. […] Auch (und insbesondere) in den Archiven von Fach- und Special-Interest-Blogs schlummern in den Archiven unzählige ältere und weniger beachtete, aber nichtsdestotrotz nicht weniger lesenswerte Artikel. Solange diese aber nicht in prominenter Weise beworben werden, schlafen sie meist weiter ihren Dornröschenschlaf.“
Und weiter:
„Wenn es beispielsweise eine unkomplizierte Möglichkeit gäbe, aus dem eigenen Blog ein ansehnliches Ebook im PDF-Format zusammenzustellen. Dann nämlich ließe sich ein ganzes Blog oder auch beliebige Auszüge davon zum Download anbieten. Dadurch, dass das Blog quasi offline verfügbar wäre, würden auch die älteren Beiträge noch einmal mehr Aufmerksamkeit erfahren können. Weitere große Vorteile: mit einem Ebook im PDF-Format lassen sich mit großer Sicherheit nicht nur Leser in anderen Situationen als die typischen Blogleser erreichen – wenn sie nämlich nicht online sind -, sondern auch Leser mit anderen Lesegewohnheiten.“
Henning hat mich auf seine Idee aufmerksam gemacht und stößt bei mir auf offene Ohren. Denn gerade für wissenschaftliche Blogs hielte ich ein solche Möglichkeit für wahnsinnig spannend.
Könnte man über Blogtexte im PDF-Format evtl. sogar Berührungsängste abbauen?
Denn unbestritten ist, daß viele unserer Artikel auch nach vielen Monaten nicht angestaubt sind – und ebenso offensichtlich ist es, daß das PDF-Format etabliert und gerade im akademischen Kontext akzeptiert ist. Vielleicht ließen sich auf diese Weise sogar Vorbehalte und Berührungsängste abbauen?
In seinem Artikel skizziert Henning einige Anforderungen an ein solches Plugin, die ich allesamt unterschreiben möchte. Die wichtigsten Punkte sind m.E.:
- Flexible Auswahl der Artikel / Thematische Gruppierung: Henning schreibt vollkommen zu recht, daß sich nicht alle Posts für eine Aufnahme in ein solches E-Book eignen. Deshalb müßte der Blogger selbst auswählen, welche Posts er in das jeweilige E-Book aufnehmen möchte. Hier könnte man dann leicht „Themenhefte“ oder auch ein Blog-Best-Of zusammenstellen.
- Integration ausgewählter Kommentare: Einer der Pluspunkte von Wissenschaftsblogs sind ja häufig die Kommentare, die weiterführende Infos enthalten. Auch hier sollte man optional auswählen können, welche Comments man berücksichtigen will.
Wie gesagt: Henning schreibt noch etwas ausführlicher zu diesem Thema. Die Umsetzung innerhalb eines Plugins ist freilich alles andere als trivial – die Auswahl der Posts und Comments ist die eine Sache, die Formatierungen und das stimmige Layout eine andere. Aber vielleicht finden sich ja Tüftler, die sowas auf die Beine stellen? Die wissenschaftlichen Blogger wären – so meine Vermutung – durchaus bereit, für ein funktionierendes Tool einige Euro3 zu investieren.
Bis sich irgendjemand findet, der diese „Vision“ umsetzt, können wir vermutlich nur Ideen und Anforderungen formulieren, wie ein solches Plugin idealerweise aussehen könnte. Und man kann ein wenig im Sinne Hennings „träumen“:
„Ein “Blog-to-Ebook” Plugin könnte zum Katalysator für die Reichweite vieler Blogautoren werden – und vielleicht auch den Medienbruch zwischen Online- und Offlinewelt ein kleines Stück weiter überbrücken.“
- Krieg, Henning (2008): Warum ein “Blog-to-Ebook” Plugin so wertvoll wäre, in: kriegs-recht, 15.5.2008
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Wissenschaftsblog
- Natürlich bleiben Blogartikel verfügbar, können intern verlinkt oder über Suchmaschinen gefunden werden, allerdings ist eines der Leitprinzipien der Blogwelt die Aktualität – und ältere Texte fristen insofern ein Schattendasein, was gerade wissenschaftlichen Artikeln nicht gerecht wird. [↩]
- Neben der gewohnten Haptik, sind die Lesefreundlichkeit, die Möglichkeit zu Anstreichungen etc. zu nennen. [↩]
- Klar ist: Mit einem solchen Plugin läßt sich auf keinen Fall Geld verdienen. Aber ich könnte mir vorstellen, daß man ein kleines Taschengeld durchaus zusammenbekäme… [↩]
2 Gedanken zu „Wissenschaftliche Blogtexte in neuem Gewand » Welchen Mehrwert bieten E-Books für Special-Interest-Blogs? | Werkstattnotiz LXXXVII“
Ist zwar sicher eine nützliche Funktion. Bei den guten Blogprogrammen kann man auch eine vernünftige Kategorisierung vornehmen kann.
Aber prinzipiell find ich so eine Funktion als äußerst praktisch zur Archivierung.
@Soziobloge:
Klar – über Kategorien und mit vielen Tricks, kann man ältere Artikel durchaus wieder etwas prominenter präsentieren. Ich versuche das bspw. über Toplisten oder den Lageplan.
Aber die Möglichkeit ein E-Book als PDF bereitzustellen, egal ob mit thematischem Bezug oder als Blog-Best-Of, wäre nochmal was ganz anderes.
Mal sehen, ob sich ein Tüftler findet…