Für gewöhnlich zeichnen sich die Diskussionen innerhalb der Blogosphäre1 durch ein hohes Maß an Fairness aus. Das ist zumindest meine Wahrnehmung.
Und das gilt für Debatten über wissenschaftsnahe Themen in besonderem Maße. Wer mit fragwürdigen Argumenten ankommt, wird zumeist schnell „entlarvt“. Und üblicherweise „kennt“ man sich ja auch und die einzelnen Akteure stehen mit ihrem Namen oder zumindest mit ihrer Blog- oder Netzidentität für ihre Wortmeldungen ein.
Ich ist ein anderer… Die auffälligen Vervielfältigungen des Herrn Froböse
Es gibt freilich auch Ausnahmen – einen besonders krassen Fall diskursiver Regelverletzung dokumentiert Ulrich Berger in seinem Blog „Kritisch gedacht“.
Ulrich hat sich mit detektivischem Spürsinn die Mühe gemacht und den „Fall Froböse“ aufgerollt. Ich hatte selbst vor einigen Wochen kurz meine Einschätzung zu Herrn Froböses „Lach- und Sachbuch“2 mit dem Titel „Geheime Physik des Zufalls“ skizziert.
Wie Ulrich Berger nun in seinem unbedingt lesenswerten Artikel zeigt, muß man bei Herrn Froböse – bzw. den Herren Froböse (Plural!) – ganz offenbar eine „multiple virtuelle Persönlichkeitsstörung“ diagnostizieren. Die Indizien, die Ulrich zusammenträgt, sind zu erdrückend.
Was ist vorgefallen?
Vor rund zwei Monaten erschien ein neues Buch des Autors Rolf Froböse, in dem er auf artistische Weise halbverdautes Wissen über die Quantenphysik und esoterisch-jenseitiges Geschwurbel zusammenrührt. Beachtlicher als dieses Pamphlet ist aber die PR, die Herr Froböse in eigener Sache startete. In dutzenden Webforen, Blogs und sogar bei der „Welt“ oder der „WissenschaftsPressekonferenz“ brachte er dreiste Werbetexte unter.
Wissenschaftsblogs sind im Notfall ein wertvolles Korrektiv. Dreiste Wissenschafts-PR hat weniger Chancen auf Erfolg.
Als dann seitens einiger Blogger die erste Kritik und Häme laut wurde, fanden sich ominöse Verteidiger der froböse’schen Thesen ein. Ganz verschiedene Herrschaften3 ergriffen Partei für dessen Thesen. Das Problem: bei den Kommentatoren mit den Namen „Randolph Blommel“, „Erwin Giesebrecht“, „Gerwin Stark“, „Randolf Börncke“, „Dr. René Geiger“ fällt auf, daß sie sich teilweise identischer Formulierungen und Stilmittel bedienen. Und: die jeweiligen IP-Adressen sind ebenfalls (fast) identisch…
Viele weitere Auffälligkeiten sind bei Ulrich Berger nachzulesen.
Insgesamt muß man wohl froh sein, daß solche Fälle (noch?) die Ausnahme sind – und wir dürfen hoffen, daß auch und gerade Wissenschaftsblogs solche grotesken PR-Kampagnen in eigener Sache aufdecken und entschärfen. Insofern nochmal besten Dank an kamenin und Ulrich Berger, die hier am besten aufgepaßt haben.
- Kritisch Gedacht: Die geheime PR des Zufalls – eine Chronologie und Nachlese, 18.6.2008
Mein Artikel zum Fall Froböse:
- Esoterik, Obskurantismus und die “Geheime Physik” » Die “Welt” läßt sich bereitwillig als Reklameforum mißbrauchen | Werkstattnotiz LXXXII, 29.4.2008
Technorati-Tags:
2 Gedanken zu „Ich ist ein anderer… » Rolf Froböse aka. Randolph Blommel aka. Erwin Giesebrecht aka. Gerwin Stark aka. … | kurz&knapp 38“
Auch hier hat der gute Herr wieder altes abgekupfert. Denn er ist mit dieser Methode nicht allein. Die große Agentur Grey aus Ddorf wollte mit einer ähnlichen Methode ihre eigene, neue Kampagne ein wenig ins Rampenlicht rücken, nachdem die erste Version wenig Anklang gefunden hatte. Guckst Du hier:
http://blog.handelsblatt.de/indiskretion/eintrag.php?id=1790
@Chris:
Naja, daß die multiple Persönlichkeitsansammlung unter dem Etikett Froböse nicht als erste auf die Idee kam, das eigene Projekt unter Vorspiegelung falscher Sympathisanten hochzujubeln, ist ja klar.
Es gibt ja auch einen Begriff dafür: Astroturfing. Erstaunlich nur, daß man es so dilettantisch anstellt.