Die Medienbranche ist ein hoffnungslos selbstreflexiver (um nicht zu sagen: selbstverliebter) Zirkus. Kein Wunder, daß bei Journalisten und anderen Medienmachern sogenannte Medienmagazine hoch im Kurs stehen. Hier kommt die narzistische Disposition der Protagonisten sehr schön zum Vorschein und wer liest nicht gerne ein wenig Tratsch&Klatsch? Zumal, wenn es um die sinkende Auflage des Konkurrenzblattes geht?
In der latent narzistischen Medienbranche sind Mediendienste seit jeher beliebt.
So oder so ähnlich mögen die Gedankengänge von Dirk Manthey gewesen sein, dem verlegerischen Paradiesvogel, der vor Jahren in der Szene für Furore sorgte und zwischenzeitlich in der Versenkung verschwand. Nun hat sich Manthey vorgestern mit dem Medienportal „Meedia“ wieder zurückgemeldet. Und das Geschnatter ist dementsprechend hoch – und ich selbst freue mich, denn das Wissenschafts-Café wurde bei den Medienprofis für erwähnenswert gehalten.
Medienportal für Nachrichten- und Zahlenjunkies
Kurz der Reihe nach: seit Sonntagabend ist mit Meedia ein hochambitioniertes Onlineportal am Start, das den etablierten Projekten wie Kress oder turi2 gehörig Konkurrenz macht. Es geht um Neuigkeiten aus der Medien- und Verlagsszene und allgemein um die aktuellsten Nachrichten, Videos und Songs. Und ein Schwerpunkt liegt sicherlich auf der Bereitstellung von Zahlen und Trends – Verkaufszahlen, PageViews, Einschaltquoten und vieles mehr ist schnell und übersichtlich abrufbar und teilweise in Rankings gruppiert.
Das Webdesign der Startseite ist für meinen Geschmack recht durchschnittlich ausgefallen und an der Navigation sollte man m.E. noch arbeiten – aber wenn man sich ein wenig durchklickt, dann gefällt Meedia durchaus mit einer ansprechenden Informationsfülle.
Nach meiner Meinung könnte sich Meedia durchaus in kurzer Frist als Platzhirsch im Segment der Media-Informationsdienste positionieren. Vor allem scheint mir der Fokus auf die Web2.0- und Blogwelt ganz gut gesetzt. Es gibt eine Serie, in der täglich neue Blogs bzw. Websites vorgestellt werden (Best of Web) und als „Mr. Analyzer“ haut Jens Schröder (= Mr. Blogstatistik) in die Tasten. Und im Media-Browser kann man sich auf einer Seite die aktuellen Artikel von dutzenden Nachrichtenseiten und Blogs ansehen.
Und was ich in meiner ersten Durchsicht gelesen habe, erweckt den Eindruck, als habe man durchaus fähige Autoren an Bord.
Wissenschafts-Café wurde bei den Web-Newcomern präsentiert
Das gilt auch für die Rubrik „Neue Sites“. Und dort wurde (noch während der für die Öffentlichkeit unzugänglichen Pre-Beta-Phase) auch das Wissenschafts-Café vorgestellt. Und so sieht das dann aus:
Mich ehrt es natürlich, daß mein Nebenbei-Projekt in so illustrer Gesellschaft zu finden ist. Denn sonst werden dort fast nur kommerzielle Web-Startups vorgestellt oder gleich die Onlineprojekte der großen Verlagshäuser. Und, wie oben schon erwähnt: was dort zu den einzelnen Blogs/Websites zu lesen ist, hat Hand und Fuß. Zum Wissenschafts-Café ist folgendes zu lesen:
Blog-Portale zu Wissenschaftsthemen gehören zu den Trends des Herbstes. Gerade ging Wissenslogs online, Burda plant für Dezember den Deutschland-Start seines US-Netzwerkes ScienceBlogs, und auch der Münchner Marc Scheloske startete sein Wissenschafts-Café. Sein Angebot will die Vielzahl interessanter Forscher-Journale stärker ins öffentliche Interesse rücken. „Dass überhaupt wissenschaftliche Themen in der Blogszene eine Rolle spielen und es gar nicht so wenige Blogs gibt, deren Artikel von Wissenschaftlern geschrieben werden, ist bis heute kaum bekannt“, schreibt Gründer Marc Scheloske zum Start seines Portals.
Das Wissenschafts-Café arbeitet nicht als Blog-Hoster, sondern sammelt lediglich interessante Journale, fasst sie thematisch in elf Kategorien zusammen und bindet ihre RSS-Feeds so ein, dass alle neuen Einträge auf einen Blick zu sehen sind.
Alles richtig, toll. Und insofern „verzeihe“ ich auch, daß etwas am unübersichtlichen Webdesign gemäkelt wird.1 Und über das Fazit muß ich dann fast schmunzeln:
Das Portal will Treffpunkt der akademische Blog-Szene werden. Ob das gegen die Konkurrenz von Burda & Co gelingt, ist fraglich.
Naja, um ehrlich zu sein, sehe ich mich bzw. das Café ja eben auch nicht als Konkurrenz. Eher als Alternative, oder richtiger: als Ergänzung. Wobei sich die Wissenschaftsblog-Szene gerne im Café treffen darf, um sich dann in die umliegenden Nischen zu verteilen. ;-)
Und mein Fazit zu Meedia: Ein Besuch auf der neuen Website lohnt sicher. Hier stimme ich eher mit dem positiven Urteil von Thomas Knüwer überein, als mit der Skepsis von Robert.
- Meedia – Neue Sites: Wissenschafts-Café – Netzwerk für Scienceblogs
Technorati-Tags:
- Was ich auch nicht ganz abstreiten will. Relaunch des Cafés steht aber auch mittelfristig an… [↩]
5 Gedanken zu „Meedia » Den Mediendiensten das Fürchten lehren | Werkstattnotiz 102“
sagtest Du ‚latent narzistisch‘ – naja ;-) – aber super für Dein Wissenschaftscafé!
@Tina:
Naja, ich wollte es nicht ganz so hart formulieren. ;-)
Und bzgl. des Wissenschafts-Cafés: ja, ich habe eben selbst geschmunzelt, daß das Café in einer solchen Zusammenstellung auftaucht und zwischen all den prestigeträchtigen und kommerziellen Projekten auftaucht. Aber außer der vermeintlichen „Ehre“ der Erwähnung, kommt dabei ja auch nicht rüber.
Zum Vorwurf der mangelnden Usability des Wissenschafts-Cafés: Abgesehen davon, dass dieser Vorwurf sicher auf über 90 Prozent aller Webseiten zutrifft, finde ich ihn grade bei der von dir ins Leben gerufenen Übersicht zur wissenschaftlichen Blogosphäre zu pauschal und nur partiell zutreffend.
Trotzdem Glückwunsch zur verdienten Publicity.
@Markus:
Vielen Dank für soviel nettes Feedback und das aus so berufenem und ja eben webdesign-erfahrenem Munde. :-)