Über Nischenblogger und Pioniere der Wissenschaftskommunikation | kurz&knapp 47

LaborMan ist ja bescheiden geworden, wenn es um Artikel geht, die sich des Phänomens „Weblog“ annehmen. Viel zu oft wurde in der Vergangenheit polemisiert und fast ausschließlich auf die Schmuddelecken des Web 2.0 hingewiesen.

Da ist es geradezu wohltuend, wenn sich ein längerer Beitrag der Szene wissenschaftlicher Blogs annimmt. Und so sehe ich auch (fast) darüber hinweg, daß dabei an manchen Stellen doch wieder in die Klischeekiste gegriffen wird.

Aber kurz der Reihe nach: vor wenigen Tagen hat der Biologe und Wissenschaftsjournalist Christoph Bächtle einen längeren Text über wissenschaftliche Blogs publiziert.

Wird das spezifische Profil von Wissenschaftsblogs nun auch jenseits des Web2.0 erkannt?

Unter der Überschrift „In der Nische ist noch Platz“ skizziert er die aktuelle Entwicklung der Wissenschaftsblog-Community in Deutschland. Und bei Statements wie dem folgenden, werde ich natürlich schwach:

„Für die Wissenschaftskommunikation sind Weblogs eine Bereicherung.“

Und insgesamt ist der Artikel, der auf der Website „BioPro“ des Landes Baden-Württemberg zu lesen ist, wirklich wohltuend sachlich und informativ. Und Christoph Bächtle arbeitet auch sehr gut die Besonderheit von Wissenschaftsblogs heraus. Und einige Passagen freuen mich ganz außerordentlich, beispielsweise diese:

„Die Wissenschaftskommunikation profitiert von den vielen engagierten Blogschreibern im Internet. Blogger sind unabhängig, keinen redaktionellen Zwängen unterworfen, wählen ihre Themen selbst und auch die Form der Darstellung. Dadurch werden sie zu dem, was Medienforscher als „Gegenöffentlichkeit“ bezeichnen. Blogs sind Informationsinstrumente, die oft mit journalistischen Mitteln und in hoher Qualität Zusammenhänge aufdecken und präsentieren.“

Denn just die Unabhängigkeit, die Authentizität und die jeweils individuelle Handschrift – das sind ja auch die Merkmale, die meines Erachtens wissenschaftliche Blogs auszeichnen. Und daß Christoph neben den großen Portalen Scienceblogs und SciLogs auf das Wissenschafts-Café hinweist, freut mich natürlich auch.

Blogs sind viel mehr als Online-Tagebücher!

Einer meiner wenigen Kritikpunkte an dem Artikel betrifft die altbekannte Charakterisierung von Blogs als Tagebücher. Sicher, es gibt bzw. gab bestimmte Kennzeichen, die Blogs mit Tagebüchern gemein haben, aber gerade im wissenschaftlichen Kontext erachte ich die Analogie für wenig hilfreich. Es sind Forschungsnotizen, Statements und Kommentare von Forschern und Wissenschaftlern – aber diese haben doch wirklich keinen expliziten Tagebuchcharakter.

Wissenschaftsblogs als neue Spielart der Wissenschaftskommunikation

Abgesehen von dieser Einschränkung1 möchte ich den Text allen Werkstattlesern gerne zur eigenen Lektüre empfehlen. Denn man liest (noch?) zu selten, daß wissenschaftliche Blogs eine neue, spannende „Spielart der Wissenschaftskommunikation“ darstellen. Und mit dieser Beobachtung liegt Christoph Bächtle jedenfalls 100% richtig:

„In wissenschaftlichen Blogs berichten Wissenschaftler, Journalisten und andere Sendungsbewusste aus und über Wissenschaft. In den öffentlichen Tagebüchern wird erzählt, bewertet, Position bezogen, Meinung gemacht, diskutiert und auch mal gelästert. Wissenschaftliche Blogs gehören zu den ganz neuen Spielarten in der Wissenschaftskommunikation.“

p.s.: Momentan läuft ja drüben bei Scienceblogs eine Befragung, die u.a. die besonderen Nutzerprofile von Wissenschaftsblog-Lesern klären soll. Worin liegt die Besonderheit von Wissenschaftsblogs und ihrem Publikum? Welche Aspekte werden geschätzt, welche Themen kommen weniger gut an? Unter allen Teilnehmern an der Umfrage werden übrigens 3 Exemplare des „Brockhaus multimedial 2009“ verlost.


  1. Und gut, strenggenommen müßte ich meiner Kollegin Beatrice Lugger von Scienceblogs widersprechen, die die Zahl von 2.000 Wissenschaftsblogs nennt. Ich würde hier eher 400-500 veranschlagen. []

5 Gedanken zu „Über Nischenblogger und Pioniere der Wissenschaftskommunikation | kurz&knapp 47“

  1. In der Tat ein guter Artikel. Danke für den Hinweis.

    Wohltuend auch die durchgehend korrekte Verwendung des Genus‘: Christoph Bächtle schreibt konsequent „das Blog“. Tut gut, wo doch leider Gottes immer mal wieder Anfänger – auch im wissenschaftlichen Bereich – beim Begriff Blog oder Weblog den falschen Artikel wählen.

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  2. @Markus:

    Stimmt, Christoph Bächtle scheint an Deiner Seite zu marschieren, was die Verwendung des vermeintlich einzig statthaften Artikels angeht. Wobei ich so ein wenig den Endruck habe, als handele es sich hierbei (ohne Dir zu nahe treten zu wollen) fast ein wenig um eine Donquichotterie. ;-)

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  3. Sehr geehrter Herr Scheloske,
    ich bereite gerade einen Vortrag über Wissenschaftsblogs vor. Da finde ich die Beiträge in der Wissenswerkstatt sehr hilfreich. Ich werde die Seite auch gleich in meine Blogroll aufnehmen. Als kleinen Beitrag zum Thema darf ich heute auf einen Artikel von Martin Fisch und Christoph Gscheidle hinweisen, der in Heft 7/2008 der Media-Perspektiven erschienen und auch online im Volltext zugänglich ist (Mitmachnetz Web.2.0: Rege Beteiligung nur in Communities). Der Artikel bestätigt, was wir alle wohl mehr oder weniger schon wussten, nämlich dass die Interaktivität im Web 2.0 doch sehr begrenzt ist. Nach der Statistik dürfte es mich (Kategorie Alter ab 60) als Blogger und erst recht als Kommentator gar nicht geben.
    Mit bestem Gruß
    Klaus F. Röhl
    Prof. em. Dr. Klaus F. Röhl
    Juristische Fakultät
    Ruhr-Universität Bochum
    Gebäude GC 6/60
    44879 Bochum
    Telefon 0234 3225256
    Fax      0234 9409077
    Mail      [email protected]
    Web   http://www.ruhr-uni-bochum.de/rsozlog/

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  4. Lieber Klaus F. Röhl,

    vielen herzlichen Dank für das nette Feedback und es freut mich wirklich, wenn einige meiner Beiträge als Anregung dienen können. Im März hatte ich ja sehr umfangreich zu Weblogs innerhalb der Wissenschaftskommunikation geschrieben (Hier der 1. Teil der Artikelserie).

    Und wenn ich lese, daß derzeit ein Vortrag über Wissenschaftsblogs in Vorbereitung ist, dann werde ich natürlich hellhörig. Darf man erfahren, zu welcher Gelegenheit der Vortrag gehalten wird? Ich bin auf alle Fälle mehr als interessiert – egal ob an einem Vortragsmanuskript oder an anderen „Materialien“. Und vielen Dank für den Hinweis auf die kleine Zusammenfassung zur Nutzung von Web2.0-Angeboten.

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