» Don FAZettelt sich…
Es gibt wohl keinen deutschsprachigen Blogger, der die Webgemeinde dermaßen polarisiert wie Don Alphonso. Immer dann, wenn sich Rainer Meyer das Kostüm des Don A. überstreift, dann ist mit klaren Statements zu rechnen. Diplomatie und Konsens ist anderswo, gekuschelt wird auch eher selten, wenn in der Blogbar oder den „Rebellen ohne Markt“1 gestänkert, analysiert und schwadroniert wird.
Ich selbst mag den Kerl ja. Auch wenn ich nicht alle seine Ansichten teile und auch ungeachtet der Tatsache, daß ich am Rande auch schon Zielscheibe seiner hämischen Seitenhiebe wurde.2 Denn meistens hat er ja Recht, wenn er die Blütenträume der (kommerziellen) Blogprojekte zerplatzen lässt, die mit großem Anspruch aber wenig Substanz im Medienzirkus mitmischen wollen und doch meistens nur das arme Kasperl geben.
Don Alphonso: Vom Großinquisitor kommerzieller Blogprojekte zum Rädchen im Getriebe?
Nun bietet Don freilich all seinen Gegnern auch gehörig Angriffsfläche. Denn seit gestern betätigt er sich in Diensten der FAZ als Beobachter der besseren Gesellschaft. (Und hat schon zwei schöne Beiträge vorgelegt.) Er widmet sich also dem Klientel, das – gemäß Don Alphonsos Skizzenbuch – Tischdecken aus Damast sein Eigen nennt und sich am edlen Porzellan aus Meißen festklammert, wenn die Tochter beichtet, daß sie sich scheiden lassen will.
Für mich liest sich die Selbstbeschreibung des Blogs jedenfalls vielversprechend:
„Willkommen im Blog der besseren Gesellschaft oder dem, was heute davon übrig ist, in der finanziellen Sorglosigkeit und beim Klassenkampf von oben gegen Neureiche und andere Zumutungen, beim Niedergang von Religion und Stand, bei den Müttern aller Buffetschlachten und ihren Töchtern mit Ehekrisen, über die man nicht redet, wenn mehr als 10 Freundinnen zuhören, …“
- Don Alphonso: Die Stützen der Gesellschaft (FAZ-Blog)
» Abgesang und Frustration: Demission eines Hochschullehrers
In der Wissenswerkstatt ist gelegentlich schon über den Umbau der deutschen Hochschullandschaft lamentiert worden, der seit rund 10 Jahren unter dem harmlos daherkommenden Etikett „Bologna-Prozeß“ stattfindet. Die Ökonomisierung der Universitäten, die nach Effizienzgesichtspunkten strukturiert und organisiert werden, bringt naturgemäß bestimmte Verwerfungen mit sich – im Fall des Bologno-Prozesses sind die Verwerfungen allerdings so groß, daß sich mehr und mehr Kritik äußert.3
Mehr als Humboldt-Nostalgie: Kritik an den Lernfabriken im Geiste Bolognas
Dabei sind es nicht bloß Humboldt-Nostalgiker, die dem Umbau der Hochschulen und Studiengänge wenig abgewinnen können. Nun meldet sich Marius Reiser, seit 1991 Professor für Neues Testament an der Uni Mainz, zu Wort. Und es ist sein letztes Wort in dieser Geschichte, denn Reiser erläutert in einem unbedingt lesenswerten Artikel die Beweggründe für seine Entscheidung, zum Ende des Wintersemesters seinen Lehrstuhl aufzugeben. Der Umbau der Unis zu „Lernfabriken“ ist für ihn mehr als ein Ärgernis:
„Als Tretmühle bezeichnete man im neunzehnten Jahrhundert gern das Gymnasium. Jetzt macht man die Universität dazu. Kann man eine Tretmühle und Lernfabrik noch mit Recht als Universität bezeichnen? Mit Recht wohl kaum. Aber wie oft sind Namen nur Schall und Rauch!“
Der Text dokumentiert das Leiden, die Frustration und letztlich Kapitulation eines Bildungsbürgers und Hochschullehrers vor dem überbordenden und blinden Reformeifer der Wissenschaftsbürokraten. Ob dieser konsequente Schritt von Martin Reiser irgendetwas ändern wird, ist freilich kaum zu erwarten. Lesens- und bedenkenswert ist sein Text aber unbedingt:
„An keiner einzigen Stelle geht es um den Geist, der nach Bildung verlangt. Nirgends ist davon die Rede, dass Wissen und Erkenntnis und Klugkeit Werte sind, die man um ihrer selbst willen erstrebt und liebt. Das ist den Initiatoren des neuen Systems wahrscheinlich noch nie in den Sinn gekommen.“
- Reiser, Martin: Universitätsreform – Warum ich meinen Lehrstuhl räume, FAZ, 18.1.2009
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Don Alphonso
- Über seine Überlegungen und Abwägungsprozesse und die Abkehr vom alten Feindbild FAZ legt Don hier Zeugnis ab. [↩]
- Don stänkerte im letzten Oktober gegen ScienceBlogs. Allerdings hatte er nicht wirklich die besten Argumente zur Hand. [↩]
- Und diese Kritik wäre noch lauter, wenn nicht manche Skeptiker und Kritiker inzwischen resigniert aufgegeben hätten. [↩]
10 Gedanken zu „Zugänge/Abgänge: Don Alphonso turtelt mit der FAZ ::: Martin Reiser kapituliert vor Bologna | Werkstatt-Ticker 58“
Ein paar Sätze meinerseits dazu und weitere Anmerkungen zu Don Alphonsos FAZ-Blog, hier: http://is.gd/gCwJ
Ist die Wirtschaftskrise wirklich schon sooooo dramatisch, daß jetzt selbst Leute wie Rainer Meyer einer bezahlten regelmäßigen Tätigkeit nachgehen müssen?
Für einen ähnlichen Blödsinn hat schon mal ein Turi seinen Job verloren: So gerne ich meine Tage mit Nichtstun zubringen würde, habe ich bislang noch niemanden gefunden, der mir dergleichen ermöglich würde. Vielleicht habe ich nicht genau genug gesucht, aber mir reicht es, als Blogger bei der FAZ mit Wissen über gewisse Probleme gewisser Scienceblogger – nicht aller – zu lächeln.
Den Kommentar verstehe ich jetzt nicht. Wer ist Turi?
Im Zweifel hilft bei der Frage nach „Turi“ wohl das Nutzen einer Such- und Findemaschine. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach, sollte es sich wohl um Peter Turi handeln.
Abgesehen davon hielte ich es für ganz wünschenswert, wenn alte Fehden nicht unnötigerweise wieder aufflammten.
Ein Blog das ich sicher nicht lesen werde, ich erkenne keinen Gewinn in der undifferenzierten Verbalkeule mit viel Gelaber und Hinterhalt…bäh
@ Marc: Ich wollte Dir ja bloß helfen, damit Du auch mal soviele Klicks kriegst wie die „professionellen“ Blogs, wo sich irgendwelche Medien-Leute gegenseitig runtermachen.
@Thilo:
Ach, entschuldige, hättest mir Deine Motivation einfach früher verraten müssen. Wobei ich befürchte, daß Du für eine wirklich publikumswirksame Kontroverse doch noch etwas frecher hättest sein müssen. Wobei das aber bitte nicht als Ansporn verstanden werden soll. ;-)
Bayern, saugrob und gleichzeitig empfindlich wie eine Mimose.