» Leistungseinbußen schon mit 27 Jahren… und dann?
Eigentlich wissen wir es längst, daß unsere biologisch-physische Konstitution nicht mehr angemessen mit unseren praktisch-sozialen Lebensumständen synchronisiert ist. Denn was hilft einem das Wissen, daß (rein biologisch gesehen!) es am sinnvollsten wäre, sich mit 18, 19 oder 20 Jahren an die Zeugung von Nachwuchs zu machen, wenn realistischerweise das Zeitfenster für die Familienplanung sich frühestens zehn Jahre später öffnet? Da nutzen einem auch die beweglichsten Spermien nichts, die man mal hatte, als man jung war.
Ähnlich ist es – wenn man den Berichten über eine US-Studie glauben darf – wenn es um die Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit geht: mit 22 erreichen wir hier die besten Fitnesswerte. Auffassungsgabe, logisches Denkvermögen, Problemlösegeschwindigkeit sind bei den Anfang Zwanzigjährigen am besten. Nur fünf Jahre später beginnt bereits der schleichende Verfall. Die Schlagzeilen der kurzen Berichte zu dieser Studie lauten entsprechend:
Liest man sich den Abstract der Studie freilich genauer und die Berichte bis zum Ende durch, dann stellt man fest, daß die Ergebnisse der Studie, an der rund 2000 Probanden zwischen 18 und 60 Jahren teilnahmen, gar nicht so pessimistisch stimmen müssen.1
Beginnt der geistige Verfall wirklich schon mit Mitte 20?
Denn das Erinnerungsvermögen bleibt bis zum 40. Lebensjahr auf allerhöchstem Niveau und die Aneignung von neuem Wissen (wenn es etwa um den Spracherwerb geht) oder die Informationsverarbeitung kommt erst im höheren Alter richtig in Schwung. Kurz gesagt: man lernt einfach immer mehr dazu, die mentalen Ausdauerfähigkeiten steigen weiter an, die kurzen Sprints überläßt man da doch gern den jungen Hüpfern mit ihren 22 Jahren.
- Der Standard: Ab 27 geht es geistig bergab, 16.3.2009
- Ars technica:
Does brain rot set in after 27? Depends how you measure - Timothy A. Salthouse: When does age-related cognitive decline begin?, in Neurobiology of Aging, Volume 30, Issue 4, April 2009, Pages 507-514
» Fragwürdige Zecken-Impf-PR
Zecken sind – darüber braucht man nicht zu debattieren – unangenehme Blutsauger. Und die FSME, die durch Zecken in bestimmten Risikogebieten übertragen wird, zählt ebenfalls zu den Dingen, auf die man getrost verzichten kann. Dennoch sind die permanenten Aufrufe zur FSME-Schutzimpfung mit Vorsicht zu genießen, nicht nur weil gegen die Lyme-Borreliose die oft als Rundum-Sorglos-Paket proagierte Zeckenimpfung sowieso nichts nützt.
Wenn man freilich ständig in Wiesen und Wäldern unterwegs ist, gar beruflich als Förster dort zu tun hat, dann ist die FSME-Impfung logischerweise zu empfehlen. Und uns anderen sollte bewußt sein, daß die FSME-Impfstoffhersteller ganz hervorragend auf der großen PR-Klaviatur spielen. Denn – wie die Stationäre Aufnahme zeigt – die dringende Notwendigkeit zur Impfung sei immer gegeben.
Nach milden Wintern natürlich ganz besonders – wie hier am 7.1.2007 bei Focus nachzulesen:
Warmer Winter begünstigt die Zecken
Heuer muss man aufgrund des Wetters wieder mit einer Zeckenplage rechnen. Amtsarzt Klaus Fillafer rät zu einer Schutzimpfung gegen FSME, die gefährliche Hirnhautentzündung.
Und nach kalten Wintern erst recht, wie man jüngst im Abendblatt lesen konnte:
Zecken mögen kalte Winter
Bei den Zecken führen kalte Winter sogar eher dazu, dass ihre Zahl steigt.“ Denn Schnee und Frost schützen die Zecken in der Phase ihrer Kältestarre. Darüber hinaus können in warmen und feuchten Wintern die Zecken von Pilzen geschädigt werden.
Um ehrlich zu sein, hätte ich es doch gern, wenn die sich wenigstens entscheiden könnten, ob nun kalte oder warme Winter für die Zecken günstig sind.
- Allwettertaugliche Zeckenexperten, 18.3.2009
Technorati-Tags:
- Die Studie erscheint in der aktuellen Ausgabe von Neurobiology of Aging, wo übrigens andere Artikel durchaus abweichende Positionen bzgl. der aufgestellten Thesen (Abbauprozesse ab 27 Jahre) nachzulesen sind. [↩]
3 Gedanken zu „Kognitive Höchstleistungen und lebenslanges Lernen ::: Ermüdende Zecken-Impf-PR | Werkstatt-Ticker 61“
Also mein geistiger Verfall hat definitiv schon eingesetzt – ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das am Alter oder doch eher daran liegt, dass die geistig fordernden Studienzeiten vorbei sind und sich langsam aber sicher eine gewisse Berufsroutine breitmacht…
Und woran machst Du diesen vermeintlichen geistigen Abbauprozeß fest? Nachlassendes Konzentrationsvermögen, zunehmende Vergeßlichkeit, …?
Ich selbst habe die 27er-Schwelle ja auch schon länger hinter mir und denke manchmal auch (wenn ich bspw. nach einem Namen zu einem Gesicht suche), daß das „früher“ auch schon besser ging, aber ich denke, da täuscht man sich. Manche Veränderungen, die man an sich selbst feststellt, haben einfach auch andere Gründe. Einen veränderten Medienkonsum bspw.
Geringeres Konzentrationsvermögen, Abnahme der Lesegeschwindigkeit und steigende Unzufriedenheit beim Redigieren der eigenen Texte… Aber vielleicht bildet man sich die vermeintliche Abnahme der Leistungsfähigkeit auch tatsächlich ein – die Aussage, das „früher“ alles besser ging, scheint mir ja in jeder Generation – gleich welcher Altersstufe – gang und gäbe zu sein.