Twitternde Wissenschaftler: Gibt es akademisches Micro-Blogging?

Twitter – der in der Öffentlichkeit noch vor wenigen Monaten fast unbekannte Micro-Bloggingdienst – hat inzwischen endgültig seinen schillernden Geheimtipp- und Nerdcharakter verloren. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht irgendwo irgendetwas über Twitter zu lesen ist. Einmal wird die Schnelligkeit bejubelt, dann über die Banalität der Nachrichten lamentiert. 1 Aber egal: Twitter hat sich emanzipiert. Es ist längst nicht mehr nur die selbsternannte Berliner Bohème, die sich schnelle Statusmeldungen zuzwitschert.

Sascha Lobo schätzt, daß es aktuell rund 50.000 deutsche Twitteruser gibt. Eine kleine Stichprobe der Web-Evangelisten kommt auf rund 27.000 User, die Twitter tatsächlich aktiv nutzen. Aber wer sind diese Nutzer, die sich in 140 Zeichen untereinander austauschen und was verändert sich für die Web2.0-Sphäre, wenn sich immer mehr Kommunikation im Twitter-Zeitstrom vollzieht?

Wie stark leiden die Wissenschaftsblogs unter Twitter?

sciencetwitter_300Die seit Monaten sinkende Zahl der Links/Trackbacks in den Blogs ist sicher ein Nebeneffekt, der Twitterpopularität. Und auch die wissenschaftliche Blogszene scheint – obwohl sie zunächst dem Trend trotzen konnte – ein wenig unter dem Twittervirus zu „leiden“. Die letzten wissenschaftlichen Blogcharts verzeichnen bei den meisten Wissenschaftsblogs sinkende Technorati-Werte.2

Für das Ranking im Wissenschafts-Café hat Sebastian in den Kommentaren angeregt, die Tweetbacks im Ranking zu berücksichtigen. Ich werde mir darüber bei Gelegenheit mal Gedanken machen, habe aber zunächst einmal recherchiert, gestöbert und aufgelistet, welche Wissenschaftler oder Wissenschaftsblogger überhaupt bei Twitter vertreten sind. Herausgekommen ist untenstehende Liste, die sicher nicht vollständig ist – aber Ergänzungen gerne in den Kommentaren.

Die Liste, das noch zur Erklärung, ist alphabetisch sortiert. Durch (mehrfaches) Anklicken der Spaltenbeschreibungen (Name/Follower/Ratio etc.) können aber auch diese Werte sortiert werden. Es ist sicher ganz spannend, die verschiedenen Kennwerte zu vergleichen.3

[TABLE=3]

 

Und hier gibt es noch als Zugabe einige Accounts von twitternden Wissenschaftsorganisationen oder -redaktionen. Und auch hier gilt wie für die obenstehende Liste: Ergänzungen bitte per Kommentar oder Tweetback.

[TABLE=4]

[Hinweis: Alle Werte wurden am Sonntag, 8. März 2009 erhoben.]

  1. Und – wie man leider gestern lernen konnte – wird das Hype-Tool Twitter auch unangemessen genutzt. Wie Stefan Niggemeier hier anmerkt. Und ich selbst gestern an dieser Stelle beklagt habe. []
  2. Das scheint kaum erstaunlich: schließlich kostet auch Twittern Zeit und bindet Ressourcen. Soll heißen: wer täglich 10-20 Tweets sendet und immer ein Auge auf seine Twittercommunity hat, der hat schlicht weniger Zeit, um eigene Blogtexte zu schreiben und zu verlinken… []
  3. Es sind übrigens nur Twitterer verzeichnet, die hauptsächlich auf deutsch twittern. []

22 Gedanken zu „Twitternde Wissenschaftler: Gibt es akademisches Micro-Blogging?“

  1. Personen:
    Torsten Meyer | @herrmeyer | http://mms.uni-hamburg.de/meyer
    Christina Schwalbe | @fernschwalbe | http://blogs.epb.uni-hamburg.de/schwalbe
    Ralf Appelt | @ralfa | http://appelt.net/
    Alexander Tscheulin | @alextee | http://mms.uni-hamburg.de/blogs/epush/
    Birte Frische | @birtef | http://mms.uni-hamburg.de/blogs/epush/
    Mandy Schiefner | @mschiefner | http://www.mandyschiefner.ch/blog/
    Arne Bense | @jon_gilb | http://www.therestlessmachine.de/

    Organisationen:
    *mms, MultiMedia Studio, epb, Uni Hamburg | @mmsuhh | http://mms.uni-hamburg.de/
    ePUSH | @epush | http://mms.uni-hamburg.de/blogs/epush/

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  2. Schön, dass alle Twittern. Aber ich hätte erwartet, dass der neue Wissenschafts-Fälschungsfall bei den Twitter-Wissenschaftlern ein Thema ist. Bisher nicht. Soviel zu Relevanz.

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  3. @Claudia und Sebsatian:

    Danke für die Ergänzungen.

    @Till:

    Entschuldige bitte die Falschschreibung, eigentlich weiß ich das. Wird natürlich korrigiert. Und zur Spalte mit den Disziplinen: wäre denkbar, aber erstens gibt es ein Platzproblem und dann ist die Etikettierung/Zuordnung nicht so leicht bzw. sorgt immer für Mißverständnisse. Deshalb baue ich auf die Neugier der Listenleser, die das selbst herausfinden. ;-)

    @strappato:

    Über die Frage der Relevanz habe ich oben ja auch nichts geschrieben. Und (schon allein der Limitierung auf 140 Zeichen geschuldet) ich selbst bedaure durchaus, daß ein Stückchen der Blogosphären-Kommunikation in die Twittersphäre abgewandert ist.

    Wobei Themen wie der aktuellen medizinischen Fälschungsskandal (ich erlaube mir hier den Link auf Euren Artikel in der Stationären Aufnahme) durchaus auch Thema bei Twitter sind bzw. sein können. Ich habe lese halt bei Euch nur 1x Tag rein. ;-)

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  4. Hallo Marc, weil Du unseren Scienceticker unter „Twitternde Organisationen“ aufgelistet hast, erlaube ich mir einige Ergänzungen: Wir haben am letzten Freitag begonnen, unsere Schlagzeilen, die bisher schon als Newsletter oder RSS-Feed bezogen werden konnten, auch als Tweet anzubieten. Ist sowas schon Twittern? Nein, nicht wirklich. Es ist nur ein weiterer Vertriebsweg für die Schlagzeilen.

    Immerhin, innerhalb der ersten Woche haben wir 12 Follower gewonnen. Zum Vergleich: den Newsletter haben im selben Zeitraum nur 5 neue Leser abonniert.

    Ich habe ja noch Zweifel, ob es sinnvoll ist, redaktionelle Inhalte auf diese Weise bekannt zu machen. Genauso wie ich bezweifle, dass 140 Zeichen überhaupt relevante Inhalte transportieren können. Bisher habe ich in den „wissenschaftlichen“ Tweets kaum Entsprechendes entdeckt. Insofern danke für die Liste, vielleicht findet sich darin ja der eine oder andere Stream, den man im Auge behalten sollte…

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  5. Guten Morgen,

    erst einmal danke für die Fleißarbeit.

    @Stefan Jakobasch

    Ich halte Twitter für eine gute Möglichkeit redaktionalle Inhalte bekannt zu machen. Allerdings denke ich, dass hier die Vernetzung und die Anzahl der Follower eine wichtige Rolle spielt (Reichweite, Retweeten, Anzahl der Follower seiner Follower.

    Wahrscheinlich sollte man „twitternde Wissenschaftler“ ohnehin von „wissenschaftlichen Tweets“ trennen. Deine Zweifel daran, dass Tweets wissenschaftlich relevanten (das meintest Du doch mit Relevanz oder?) Inhalt transportieren können teile ich.

    Für mich ist auch die Frage, was oder wer ein „twitternder Wissenschaftler“ ist. Ist jeder, der einen Uniabschluss hat ein twitternder Wissenschaftler oder ist ein twitternder Wissenschaftler erst dann ein solcher, wenn er auch in seinem Fach als Wissenschaftler arbeitet und/oder an der Uni lehrt?

    Spannend wäre sicherlich von den hier gelisteten zu erfahren, wie ihr Selbstverständnis ist, warum sie überhaupt twittern und wie der Anteil der wissenschaftlich (relevanten) Tweets – nach Selbsteinschätzung – ist.

    Um für mich zu sprechen: ich würde mich nicht als twitternde Wissenschaftlerin bezeichnen und trotz meines Blogs auch nicht als bloggende Wissenschaftlerin. Hauptberuflich bin ich nicht-wissenschaftlich tätig, fühle mich aber dem Fach verbunden und versuche einen kleinen Beitrag zu leisten, dieses bekannter zu machen. Nur als Wissenschaft-treiben würde ich das nicht bezeichnen wollen. Twitter nutze ich derzeit hauptsächlich um Links zu posten, hin und wieder auf interessante Veranstaltungen, Bücher und TV-Sendungen hinzuweisen und man kann sich durchaus die Frage stellen, ob das nun wirklich Twittern ist, denn die klassische Frage „What are you doing“ beantworte ich damit natürlich nicht.

    Bewegen wir uns also beim (Micro)Blogging noch in der Wissenschaft oder ist es eben „nur“ ein weiterer Vertriebsweg? Das „nur“ steht deswegen in Anführungszeichen, weil ich der Auffassung bin, dass Wissenschaft auch bekannt gemacht werden muss. Die Relevanz sehe ich deswegen auch nicht im Bereich der „wissenschaftlichen Relevanz“, sondern im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit (z.B. für wissenschaftliche Organisationen, Verbände usw). Denkbar ist durchaus, dass Twitter den klassischen Newsletter ablösen könnte.

    Spannend könnte dieses Twitter-Ding auch sein, wenn es sich mehr durchsetzt und auch bei wissenschaftlichen Konferenzen mehr getwittert wird. Hier wäre es nicht so sehr der einzelne Tweet oder die Tweets, die ein einzelner Twitterer sendet, sondern die Gesamtheit der Tweets.

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  6. Wahrscheinlich findet man auch noch den oder anderen über die Google-Suche. Z.B.

    „site:twitter.com Bio * Soziologe“

    „site:twitter.com Bio * Soziologie“

    „site:twitter.com Bio * Professor“

    usw. Die Abfrage scheint mir allerdings nicht ganz zuverlässig zu sein und liefert manchmal nicht nur Ergebnisse nur aus dem, was jemand in der Bio eingetragen hat.

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  7. Danke für die weiteren Meldungen auf neue Wissenschafts-Twitter-Accounts. Ich werde (voraussichtlich Ende Mai) eine aktualisierte Liste erstellen und vermutlich drüben im Wissenschafts-Café publizieren.

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